An Wilhelm II. scheiden sich die Geister vor dem Rathaus
Am WZ-Mobil äußerten Bürger Kritik. An Historie und Gegenwart.
Elberfeld. Wilhelm II. wird nicht ans Elberfelder Rathaus zurückkehren, Oberbürgermeister Peter Jung hat ein Machtwort gesprochen. Die Diskussion ist damit aber längst noch nicht beendet. Am WZ-Mobil gab es Zustimmung für die Entscheidung, aber auch Kritik am „Alleingang“ Jungs. Einige Besucher hätten kein Problem mit dem letzten deutschen Kaiser an der Fassade.
„Man sollte das Rathaus wieder so herrichten, wie es war“, sagt Siegfried Beise. Und dazu gehöre auch die Figur von Wilhelm II. Es sei toll, dass sich Privatleute wie Hans-Joachim Camphausen so für eine Sache engagieren. „Peter Jung sollte sich um andere Sachen kümmern.“
Anders sehen Karin Kramer und Elke Neels die Sache. „Es ist doch unmöglich, dass jeder Bürger für sein Faible sammelt.“ Es sei etwas anderes, wenn es um die Straße vor der eigenen Haustür gehe, aber nicht um ein Rathaus. „Ritter Arnold reicht doch“, sind sich die beiden einig. Die anderen Figuren habe es mal gegeben, „aber man darf doch nicht immer so rückwärtsgewandt sein“. Das Geld solle man lieber anderweitig nutzen. Auch wenn sie Peter Jung durchaus kritisch sähen, wären Kramer und Neels mit seinem „Nein“ diesmal einverstanden.
Renate Richter sieht das Thema deutlich unkritischer. Kaiser Wilhelm gehört nach ihrer Meinung an die Fassade: „Ich finde es gut, wenn das Rathaus wieder in seine Ursprungsform gebracht wird. Kaiser Wilhelm ist doch auch schon Schwebebahn gefahren.“
Ingo Gehring sieht die Vorgehensweise der Stadt fraglich: „Die Entscheidung kommt zu spät. Wenn man Camphausen so lange Spenden sammeln lässt, kann man ihn nicht kurz vor Schluss abblitzen lassen.“
Markus Stein hingegen befürwortet die Notbremse des Oberbürgermeisters und die geplante Satzung für Geschenke an die Stadt. „Es müssen Spenden legitimiert werden und von einem Gremium wie dem Kulturrat oder dem Kulturausschuss geprüft werden.“ Ihm liegen aber auch noch andere Projekte am am Herzen, die bereits schon angefangen wurden: „Ulle Hees hat vor ihrem Tod noch eine Abbildung von Helene Stöcker, einer Pazifistin aus Elberfeld, gemacht. Dafür sollten Spenden gesammelt werden.“
Einige der Besucher haben sich intensiv mit der wilhelminischen Zeit befasst. So auch Theologe und Philosoph Marc Brandt. Er plädiert dafür, die Denkmäler zu rekonstruieren: „Man kann die Zustände 1913 nicht mit 2013 vergleichen. Mit unserem Moralverständnis erst recht nicht.“ Er habe viel zu diesem Thema gelesen, darunter Schriften von Wilhelm II. und verschiedener Historikern. „Man kann nur eine Diskussion auf sachlicher Ebene führen, und erst dann, wenn man sich richtig mit dem Thema befasst hat.“ Die Kritik der SPD sei seiner Meinung nach unpassend. Auch die SPD habe damals dem Ersten Weltkrieg zugestimmt.
Gerd Marx — sein Großvater war beim Bau des Rathauses 1902 beteiligt — mischt sich allein aus diesem Grund in die Diskussion am Neumarkt ein: „Das Rathaus sollte wieder ein Vorzeigeobjekt der Stadt werden. Ob mit oder ohne Kaiser Wilhelm ist mir egal.“ Er betont aber, dass er keine politische Meinung zu diesem Thema habe. Trotzdem sieht er das Projekt kritisch: „Sponsoren wollen sich meist nur ein eigenes Denkmal errichten.“