Wuppertal Andreas Mucke: „Mein Politik-Stil ist nicht laut“
Vor einem Jahr hat Andreas Mucke (SPD) die Wahl um das Oberbürgermeisteramt seiner Heimatstadt gewonnen. Im Gespräch mit der WZ zieht er eine Zwischenbilanz.
Wuppertal. Ein Jahr danach wirkt Andreas Mucke gelassen, routiniert fast, er wirkt, als habe er Ruhe gefunden. Das Hibbelige ist weg, Sätze verlassen geschliffen mit präzisen Aussagen den Mund. Das ist gut für jemanden, der Oberbürgermeister einer Großstadt ist. Vor einem Jahr hat Mucke (50) die Wahl gewonnen und das höchste politische Amt der Stadt für seine Sozialdemokraten zurückerobert. Ein Jahr ist ein guter Zeitpunkt, Rückschau und ein wenig Ausblick zu halten. Das macht Mucke im Gespräch mit der Westdeutschen Zeitung.
Herr Mucke, was hat Ihnen in Ihrem ersten Jahr als Oberbürgermeister Wuppertals am besten gefallen?
Andreas Mucke: Die Offenheit der Wuppertaler, ihre Hilfsbereitschaft. Das hat mich bewegt. Die Wuppertaler legen ein ungeheures Engagement an den Tag. Außerdem habe ich eine Verwaltung mit tollen Mitarbeitern. Wie überall gibt es solche und solche. Aber die allermeisten haben Freude an ihrer Arbeit und stehen hinter dem, was sie tun. Darüber hinaus freue ich mich über die Vielfalt meiner Aufgaben und die Gestaltungsmöglichkeiten.
Was war schlecht?
Mucke: Bisher habe ich nichts erlebt, von dem ich sage, das hätte ich mir besser erspart. Ich wusste ja, was auf mich zukommt.
Zum Beispiel Themen wie die Forensik auf der Kleinen Höhe, bei dem Sie umweltpolitisch anders handeln, als Sie im Wahlkampf angekündigt haben?
Mucke: Stimmt. Es gibt Dinge, zu denen habe ich eine andere Haltung. Aber meine Aufgabe als Oberbürgermeister ist, die Interessen der gesamten Stadt zu vertreten. Das sind Themen, die ich vom Tisch kriegen muss. Ich gebe zu, da habe ich einen inneren Konflikt, eine Zerrissenheit. Aber auch als Oberbürgermeister bin ich an Entscheidungen des Stadtrates gebunden.
Können Sie so Ihrem eigenen Anspruch genügen, ein politischer Oberbürgermeister zu sein?
Mucke: Ich denke schon. Ich versuche in vielen Reden, aber auch in dem, was ich mache, meine politischen Themen unterzubringen.
Ist das schon deutlich genug geworden?
Mucke: Wenn Sie so fragen, offenbar noch nicht. In so einem wichtigen Amt verbringt man die erste Zeit aber auch damit, sich einzufinden, sich in die Organisation einzubinden. Die dort arbeiten, sind vorher ja auch ohne mich zurechtgekommen.
Ist der Prozess inzwischen abgeschlossen?
Mucke: Ich bin jetzt dabei, Dinge kontinuierlich zu ändern: Ich habe den Verwaltungsvorstand gestärkt, denn er tagt wöchentlich zwei Stunden. Darüber hinaus sind mir als Verwaltungschef Information und Transparenz wichtig. Deshalb besuche ich regelmäßig die Fachbereiche vor Ort, um mir einen eigenen Eindruck der Arbeit zu verschaffen und mit den Mitarbeitern im Gespräch zu sein.
Und Ihre Politik?
Mucke: Die versuche ich, in meinen Handlungen unterzubringen, das mag nicht immer spektakulär sein. Mein Politikstil ist nicht laut. Aber ich habe immer gesagt, dass ich an der Seite der Armen und Schwachen bin. Deshalb gibt es im Haushalt 160 000 Euro mehr für die Präventionsarbeit. Und ich bleibe bei meiner politischen Aussage für die Kultur, dass beispielsweise die Kostendeckelung für die Bühnen weg muss. Dafür versuche ich Mehrheiten zu schaffen. Außerdem habe ich das Einwohnermeldeamt zur Chefsache gemacht. Wir haben Maßnahmen ergriffen, die bereits Wirkung zeigen.
Sind Sie vor Reden eigentlich nervös? Als ehemaliger Kabarettist und Schauspieler sollten Sie öffentliche Auftritte doch gewöhnt sein.
Mucke: Vor Auftritten hatte ich immer Lampenfieber. Das war vorbei, wenn ich auf der Bühne stand. In der Politik ist das ein bisschen anders. Da steht Mucke, da kannst du dich nicht hinter einer Rolle verstecken. Meine erste große Rede war die zur Verleihung des Wirtschaftspreises. Ich gebe zu, da war ich nervös. Inzwischen ist das schon anders.
Ein Jahr ist um. Was darf Wuppertal im nächsten Jahr von Oberbürgermeister Mucke erwarten?
Mucke: Wir brauchen ein integriertes Gesamtkonzept für die Stadtentwicklung. Dafür habe ich bereits Eckpunkte erarbeiten lassen, die ich noch in diesem Jahr in den Rat einbringen werde. Außerdem möchte ich die Bürgerbeteiligung stärken — vor allem in den Quartieren, wo die Menschen zu Hause sind. Das muss nicht wissenschaftlich sein, sondern möglichst unmittelbar. Außerdem müssen wir die Kinderarmut bekämpfen, zum Beispiel durch mehr offene Ganztagsangebote. Dieses Angebot will ich ausdehnen. Insgesamt liegen meine Schwerpunkte weiterhin auf Bildung und Familienförderung. Dafür werde ich bei der Haushaltseinbringung sorgen. Ich habe natürlich noch weitere Punkte auf der Agenda, dafür reicht aber jetzt der Platz im Interview nicht.