Antibiotika frisch vom Grill?
Auch in Wuppertal sorgt der Einsatz von Medikamenten in der Geflügelzucht für Diskussionen.
Wuppertal. Fast jedes Masthähnchen wird bei seiner Aufzucht mit Antibiotika behandelt. Diese Erkenntnis — nach einer aktuellen Untersuchung des NRW-Verbraucherschutzministeriums betrifft das 96,4 Prozent der Tiere — sorgt in Wuppertal für Diskussionen, auch wenn es im Stadtgebiet nach Angaben der Kreisbauernschaft keine Mastbetriebe gibt.
Deren Vorsitzender, Martin Dahlmann, mahnt auf WZ-Nachfrage zu einer sachlichen Diskussion: Tatsache sei zunächst, dass beim fraglichen Einsatz von Antibiotika in der Geflügelzucht vom Grundsatz her „nichts Rechtswidriges passiert“ sei und keine Rückstände von Antibiotika im Fleisch nachgewiesen wurden. Beim turnusgemäßen Treffen mit dem bergischen Veterinäramt habe man auch dieses Thema erörtert.
Letzten Endes entscheide auch hier der Verbraucher: Solange sich beim Masthähnchen alles um einen möglichst niedrigen Preis drehe, begünstige das die Haltung großer Bestände — mit bekannten Folgen: Um zu verhindern, dass 30 000 bis 40 000 Tiere auf einen Schlag erkranken, würden in Absprache mit Tierärzten auch Antibiotika verabreicht. Die politische Diskussion werde er nicht kommentieren, sagt Dahlmann.
Abgesehen davon, dass es jedem Verbraucher frei stehe, bei Direktvermarktern einzukaufen, existiere in vielen Köpfen ein romantisiertes Bild von der Landwirtschaft — mit nur vorübergehenden Rissen durch Lebensmittelskandale. Fakt sei, dass die Lebensmittelproduktion mittlerweile genau dokumentiert wird, um bei Problemen schnell und effizient handeln zu können.
Eine andere Sorge beschäftigt unterdessen Matthias Buntrock-Schweer, Abteilungsleiter beim Gesundheitsamt und für Infektions- und Umwelthygiene zuständig: So seien auch in Wuppertal zunehmend antibiotikaresistente Keime zu beobachten, durch zu intensiven Einsatz solcher Medikamente. „Und das reicht vom Brathähnchen über die Arztpraxis bis zum Krankenhaus.“ Gefordert sei im Gesundheitswesen ein grundlegendes Antibiotika-Management, wie es das in niederländischen Krankenhäusern gebe.
Nach WZ-Information wurden in diesem Jahr in Wuppertal bereits zwei Krankheitsausbrüche verzeichnet, bei denen gegen Antibiotika resistente Keime im Spiel waren. Diese Gefahr ist nicht zu unterschätzen — und die Diskussion um Medikamente in Lebensmitteln nur ein Mosaikstein unter vielen.