Karfreitag ARD-Gottesdienst in Wuppertal: Leiderfahrung und Hoffnung

Wuppertal · Der im Fernsehen übertragene Gottesdienst in der evangelischen Citykirche griff das Thema auch mit Gesang und Tanz auf.

Die Sängerin Chioma Igwe  sang beim Fernsehgottesdienst von Leid, aber auch von Hoffnung.

Die Sängerin Chioma Igwe sang beim Fernsehgottesdienst von Leid, aber auch von Hoffnung.

Foto: Matthi Rosenkranz

Wer am Morgen des Karfreitags in der Innenstadt unterwegs war, mag sich gewundert haben, was es mit den großen Wagen des WDR vor der Citykirche auf sich hatte. Diese waren, im Auftrag der ARD, für die Live-Übertragung eines Gottesdienstes nach Elberfeld gekommen, der dort anlässlich des Feiertags ausgerichtet wurde. Sein Thema: „Mein Karfreitag“. Erfahrungen von Leid wurden nicht nur in Worten, sondern auch in Musik und Tanz ausgedrückt.

Die Idee für diesen besonderen Gottesdienst hatte Rundfunkpastorin Sabine Steinwender-Schnitzius. Seit 2003 ist sie als Redakteurin unter anderem für das Format „Kirche in WDR 2“ mitverantwortlich. Gemeinsam mit Martin Engels, seit diesem Jahr Oberkirchenrat, sprach sie bereits vergangenen Mai über das Projekt, bei dem sie Tanz als Element integrieren wollte. Danach dauerte die Planung sechs Monate. Das Ergebnis war ein aufwendiger, vielfältiger und gut geprobter Gottesdienst.

Schon eine Viertelstunde vor Beginn war jeder Platz in der Kirche besetzt. Steinwender-Schnitzius nutzte die Zeit für eine Begrüßung und die Erläuterung einiger Besonderheiten: Bitte nicht aufstehen während des „Vater unser“ und möglichst entspannt bleiben, wenn sich die Kamera auf einen richtet. „Bitte grüßen sie niemanden, falls sie ins Bild geraten“, erklärte sie scherzhaft. Im Anschluss stimmte Kirchenmusikdirektor Jens-Peter Enk einmal alle geplanten Lieder an – eine Probe für kräftigen Gesang während der Aufzeichnung. Kurz vor Beginn wurde es dann ganz still im Kirchensaal.

Auf Zeichen der Aufnahmeleitung setzte das Streichquartett des Sinfonieorchesters ein. Zur Vertonung der letzten Worte Jesu von Joseph Haydn eröffnete Tetiana Znamerovska den Gottesdienst mit einem Tanz. Die ukrainische Tänzerin und Choreografin kam auf Einladung des Pina Bausch Tanztheaters nach Wuppertal, nachdem in ihrer Heimat der Krieg ausgebrochen war. Im Tanz trägt sie die Last eines schweren Steins auf ihrem Rücken. Ihre Bewegungen drücken Leid und Wut aus.

Simone Pries, Pfarrerin der Citykirche, griff in ihrer Ansprache Jesu letzte Worte auf: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Um sie sollte sich der Gottesdienst drehen. Sie gelten im übertragenen Sinn für all das sinnlose Leid in der Welt. „Wir werden unsere Gedanken und Gefühle zum Karfreitag hier zum Ausdruck bringen“, erläuterte Oberkirchenrat Martin Engels. In Musik, Tanz, Gesang und in den Geschichten des Lebens solle es um die Bedeutung des Karfreitags aus verschiedenen Perspektiven gehen, ergänzte er.

Auch er ging später in seiner Predigt sehr persönlich auf das Thema ein und appellierte, für seine Mitmenschen da zu sein, statt sie mit einfachen Erklärungen abzuspeisen. „Wir haben das Leid unseren Nächsten nicht zu deuten und zu erklären“, kritisierte er das häufige Phänomen, die Schuld bei den Betroffenen zu suchen.

Von einer ganz persönlichen Erfahrung mit Leid berichtete Dorothea Düver von der Kirchengemeinde Elberfeld-West. Sie erzählte vom Umgang mit einem schweren Schicksalsschlag in ihrer Familie und verwies am Ende auch auf die Hoffnung, die durch solche Zeiten tragen kann. „Denn es hat sich bewahrheitet, dass Rosen Dornen überdecken können“, beendete sie ihre Geschichte.

Ihr folgte Chioma Igwe. Sie ist Mitglied des internationalen Frauenchors „Women of Wuppertal“. In einem a capella vorgetragenen Lied sang sie über ihre Flucht aus Nigeria in der Landessprache Iggo. Der Schmerz, die eigene Heimat und die leidenden Mitmenschen zurückzulassen, klang aus jeder gesungenen Silbe.

In einem zweiten Tanz setzte Tetiana Znamerovska ihre Geschichte fort. Begleitet wurde sie dabei von Jens-Peter Enk, der zu ihren ausdrucksstarken Bewegungen an der Orgel improvisierte. Ohne Worte erzählte sie von dem unsagbaren Leid in ihrer Heimat und der Ausweglosigkeit. Mit Sand, den sie weder greifen noch abstreifen kann, konnte sie diesem Gefühl Ausdruck verleihen und damit die Menschen sichtlich bewegen.

Doch in allem Leid, das der Karfreitag symbolisiert, steckt auch die Hoffnung, dass es irgendwann vorübergeht. Ein Silberstreif, der sich durch Jesu Geschichte an Ostern offenbart. Chioma Igwe bekräftigte diesen mit dem kraftvollen Gospel-Song „Jesus at the center“.