Auf gute Nachbarschaft - Walter Jeschke lebt sie vor
Walter Jeschke engagiert sich für seine Nachbarn. Seine Filmabende haben sich bei ihnen fest eingebürgert.
Uellendahl. Die zunehmende Anonymität in Großstädten wird zu einem immer größeren Problem — gerade für ältere Menschen. Doch die Geschichte von Walter Jeschke zeigt: Es ist nie zu spät, die eigenen Nachbarn kennen zu lernen.
Lange hat der heute 84-Jährige seine kranke Frau gepflegt. Seine Nachbarn sah er in dieser Zeit meist nur vom Fenster aus. „Wenn ich von der Arbeit nach Hause kam, haben wir uns oft zugewunken“, erinnert sich Nachbarin Aurora Dudek.
Walter Jeschke wohnt seit 1968 in der kleinen Siedlung in einer Stichstraße der Vogelsangstraße. Gegenüber lebt seit 1979 auch Aurora Dudek mit ihrem Mann. Vor zwei Jahren starb Jeschkes Frau — und ganz langsam fand er den Weg zurück in die Gemeinschaft. „Wir feiern auch mal Feste in unserer Siedlung — Herr Jeschke kam dazu. Er suchte den Kontakt“, erzählt die 54-Jährige. Aus den nachbarschaftlichen Gesprächen wurde Freundschaft: „Er ist ein interessanter Mensch — und so engagiert.“
In der Philippuskirche organisiert Jeschke Dia- und Filmabende. Erst Mittwoch erfreute er den Seniorenkreis mit einer Dokumentation zur Nordbahntrasse. „Viele sind ja nicht mehr so mobil und haben das bereits fertige Stück noch nie gesehen“, begründet Jeschke seine Motivation für die Vorführung.
Lange war er auch als Presbyter und Baukirchmeister aktiv — dafür bekam er 1993 eine Auszeichnung: den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland.
Der pensionierte Eisenbahner kennt seine Heimat wie seine Westentasche. Noch heute holt er gelegentlich sein Auto aus der Garage und fährt mit einigen Damen aus der Gemeinde ins Blaue. Besonders gern nach Wipperfürth — wo die Wupper entspringt, sagt er hinzu und Aurora Dudek lächelt: Davon hat er ihr bereits viel erzählt.
Mehr noch als seine Erzählungen gefallen Dudek die Filmnachmittage bei Walter Jeschke daheim. „Meistens sind wir Damen allein mit ihm. Aber wenn ein Actionfilm gezeigt wird, sind auch die Männer mit von der Partie“, erzählt sie. Doch Jeschke wäre kein guter Gastgeber, wenn er nicht zu jedem Film die passenden Snacks und Getränke servieren würde: Läuft ein ungarischer Film, gibt es einen ungarischen Wein.
Walter Jeschkes ehrenamtliches Engagement, seine Erzählungen und seine Gastfreundlichkeit beeindrucken Aurora Dudek, die vor 34 Jahren von Rumänien nach Deutschland kam: „Wenn wir mehr Menschen wie Herrn Jeschke hätten, dann gäbe es keine Anonymität — und auch keine Integrationsdebatte. Ich habe viel von ihm über meine Wuppertaler Heimat gelernt.“