Kulturleben Aus der Demonstration wird eine Ausstellung und viel mehr

„Out and about“ begann vor bald einem Jahr - die Potagonisten sind mit den Nachfolgeprojekten beschäftigt.

Das Bildbandcover "Out and about" zeigt einen Ausschnitt von Birgit Parduns "Das muss so von wegen die Sicherheit“.

Foto: Frank N/ Birgit Pardun

Als sie vor bald einem Jahr loslegten, ging es vor allem darum, aus dem so plötzlich gekommenen Lockdown heraus und zu den Menschen hin zu kommen. Ihr Testballon „Out and about“ (OAA) wurde – coronabedingt – draußen gezündet. Dass das damals begonnene Kunst-Projekt kein wirkliches Ende finden sollte, sondern dabei ist, sich zu etablieren, kam ihnen damals nicht in den Sinn. Frank N und Birgit Pardun sind derzeit mit weiteren „Out and about“-Projekten beschäftigt, die mal mehr mal weniger konkret, mal selbst initiiert sind, mal auf Anfrage zustande kommen. Und entsprechend in zwei Kategorien aufgeteilt werden, „OAA goes“ und „OAA #2 (und folgende)“.

Es war eine einfache wie überzeugende Idee, die mangels Kulturveranstaltungen freie Plakatwände zu im Lockdown fehlenden Ausstellungsflächen umfunktionierte, zudem den Künstler-Solidarfonds „EinTopf“ anteilig an dadurch entstehenden Verkäufen beteiligte. Sieben Runden und mehrere Monate lang präsentierten zeitweise 100 Künstler 171 Arbeiten auf Plakatwänden im Stadtgebiet. Etwa 13 davon hängen noch heute, an geschlossenen Schwebebahnhöfen etwa, darunter auch Arbeiten der ersten Runde, die nur Pardun und Frank N sowie Sabine Bohn und Andreas Komotzki bestritten.

Zum „Jubiläumstag“ 30. April soll ein Buch erscheinen, das das Projekt Revue passieren lässt - mit wenig Text und vielen Bildern, die die Geschichte erzählen sollen. Was nicht drin steht, sind die Erfahrungen, die die vielseitige Künstlerin und der Filmemacher gemacht haben. Die erlebte Sichtbarkeit und die Kooperationen, die mit anderen Künstlern entstanden, die Erfahrung, dass man „einfach machte, aktiv war und erlebte, dass es geht“, erzählt Pardun.

„Es hat was bewirkt“, sagt auch Frank N und lenkt den Blick auf die neuen Projekte, die daraus entstehen sollen. Da ist „OAA #2/Look down“, das Wupper-Projekt mit dem Wupperverband. Mit dem Fluss wird wiederum eine ungewöhnliche Location gewählt. Die „Ausstellung“ soll vor allem politisch sein, die Menschen aufrütteln. Ihr Thema: Das Leid der Flüchtlinge, das leider in der Corona-Krise kaum mehr wahrgenommen werde, finden beide und setzen schon mal fest, dass mögliche Einnahmen, zu hundert Prozent an die Hilfsorganisation Sea-Watch gehen sollen. Frank N: „Von 2016 bis 2020 starben oder verschwanden laut Schätzungen des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen und der Uno-Flüchtlingshilfe fast 13 000 Menschen bei der Flucht über das Mittelmeer nach Europa.“

Mit im Boot ist neben Pardun und N diesmal Georg Janthur. Das Trio will drei zirka vier Meter breite und bis zu sieben Meter lange Bilder im Flussbett dies- und jenseits der Alexanderbrücke an der Ohligsmühle verankern. Pardun modifizierte ihre eindringliche, wie ein Hilfeschrei wirkende Zeichnung „Das Ufer ist noch weit“, die sie bereits in der Kunstausstellung 2019 in der Kunsthalle Barmen gezeigt hatte. Janthur wählte eine Holzskulptur mit erhobenen Händen aus.

Frank Ns Fotoarbeit „Bones“ zeigt ein Stück einer künstlerisch bearbeiteten Wirbelsäule. Alle Motive werden auf eine PVC-Plane aufgebracht und sollen schwimmen: Nur an einer Seite befestigt geraten sie durch das Wasser in Bewegung, was ihre Wirkung intensiviert, sie an Ertrinkende im Wasser erinnern. Um das von oben erkennen zu können, darf der Fluss nicht zu viel Wasser führen. Der Starttermin steht entsprechend nicht genau fest, ist für Anfang Mai angedacht.

15 Künstler setzen sich mit dem
Thema Corona auseinander

Ebenfalls im Mai soll „OOA #3“ beginnen, das wiederum eine Plakataktion mit der Firma Ströer sein soll, die „die Demonstration des Jahres 2020 zur Ausstellung 2021 macht“, so Frank N. Heißt: Diesmal sind nur zirka 15 Künstler und entsprechend wenig mehr Plakate dabei, die zudem nah beieinander gehängt werden sollen. Vor allem gibt es diesmal ein Thema: Sämtliche Arbeiten setzen sich mit Corona auseinander.

Das Format „OAA goes“ reagiert auf die Anfragen, die die Künstler erhalten (haben). Darunter eine des Kulturzentrums Börse und eine der Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft Wuppertal (GWG). Letztere will einzelne Hausfassaden verschönern. Mit Hausbegrünung und eben auch mit Kunst. Drei Objekte werden gerade ausgeguckt, Start könnte im April sein. Weitere, größere Kunstmaßnahmen, auch mit Kooperationen, sollen folgen. Eine Herausforderung für die Künstler, weil die Gebäude Vorgaben machen: durch ihre Beschaffenheit (Material, Größe, Umgebung), aber auch durch die Tatsache, dass die Kunst hier in den Alltag der Bewohner integriert und nicht während eines Ausstellungsbesuchs konsumiert wird. Also irgendwie auch gefallen muss.

Bilder sprechen - OAA geht weiter.