Von jetzt auf gleich wird der Blick magnetisch angezogen, mitten hinein in die Häuserschlucht, die steil aufgerichteten Fassaden mit den pinkfarbenen Fensterläden auf lachsfarbenem Mauergrund. Mitten hinein in ein schmales, länglich verkantetes blassblaues Stückchen Himmel. „Pink summer in Piran“ heißt das Bild, mit Acrylfarbe auf 100 mal 120 Zentimeter große Leinwand gebracht. Der Hingucker am Eingang einer kleinen Ausstellung, die ab Donnerstag, 13. März, den Ölberg-Hub in eine Galerie verwandelt. Im Rahmen des Kunstkiezes, der seine vierte Auflage erfährt. Gemalt hat es Charlotte Spork, die mit nur 26 Jahren schon einige Ausstellungen, zuletzt im Kunstraum Eckart und im Café Simonz, hatte und auf dem Weg zur Kunsttherapeutin ist.
Dass der Ölberg ein beliebtes Quartier der Elberfelder Nordstadt ist, ist bekannt. Dass er sich auch zu einem kleinen Kunsthotspot mit mehreren Ateliers und aktuell drei Galerien entwickelt hat, weniger. Passendes Ambiente für das Veranstaltungsformat Kunstkiez, das Nicole Bardohl im letzten Jahr initiierte. Die Galeristin eröffnete 2023 ihren Kunstkomplex an der Marienstraße, nachdem sie jahrelang in der Hofaue beheimatet war. „Sie lud alle Läden, von der Pommesbude bis zum Atelier im Quartier, ein, regelmäßig an Kunstrundgängen teilzunehmen“, erinnert Ilka Jaroch, die das Kunstprogramm für den Ölberg-Hub organisiert und zum mittlerweile vierköpfigen Kunstkiez-Team (Nicole Bardohl, Anna Brodersen/Domhan, Karen Gütebier/Wohnsachen, Ilka Jaroch – alle geeint in ihrer Liebe zum Viertel und zur Kunst) gehört.
Im März 2024 fand der Erste statt, alle drei Monate schmücken mittlerweile 25 Läden ihre Verkaufsräume mit Kunst. Um den Ölberg-Hub kümmert sich stets Ilka Jaroch, die für den 70 Quadratmeter Raum an der Ecke zur Sattlerstraße eine Ausstellung organisiert, die über den Tag hinaus zu sehen ist. So auch die von Charlotte Spork, die sich über ihren Instagram-Aufruf bewarb und nun gemeinsam mit ihr den mit seinen großen Ladenfenstern und wenigen größeren Wandflächen eher schwierig zu bespielenden Hub-Raum in eine Galerie verwandelt. „Ich war besonders begeistert von dem Graphischen in ihren Bildern, die Mischung von Licht und Schatten, ihre streng geometrische Herangehensweise“, begründet Jaroch die Auswahl.
Kreativ war die Siegenerin Charlotte Spork schon immer, zeichnete und malte als Kind. In der Schule belegte sie den Kunst-Leistungskurs, machte 2019 Abitur und bewarb sich, auf den Rat ihrer Lehrerin, um ein Kunststudium. Zum Wintersemester 2020/21 kam sie nach Wuppertal, um hier Kunst- und Erziehungswissenschaften zu studieren. Durch ihre Arbeit mit Menschen mit Beeinträchtigung bei der Lebenshilfe an ihrem Wohnort Hamm entdeckte sie in den Folgejahren die Kombination von Kunst und Sozialarbeit für sich. Sie trat nach dem Studiumsende 2024 einen Teilzeitjob in einem Kindergarten der Lebenshilfe an und begann eine Ausbildung zur Kunsttherapeutin und Heilpraktikerin für Psychotherapie in Essen.
Menschen und Gesichter sind nicht ihr Ding. Charlotte Spork interessiert sich für Architektur, klare Linien und Perspektiven, „die ich suche, die mich inspirieren“. Eine klare Außenfassade, eine Stuckverzierung, ein altes Zechengelände mit Rohren, Streben, die Struktur geben. Dinge, Orte, die sie fotografiert. Fotos, die Basis ihrer Zeichnungen werden, Zeichnungen aus schwarzen und weißen, klar getrennten Flächen. Mithilfe von Blaupapier überträgt sie sie auf den Druckstock. Und sie malt – bewusster Gegensatz und Ausgleich zur durchaus kleinteiligen Arbeit des Druckens, die ihr „den Kopf frei macht, Konzentration abverlangt“. Legt im Stehen einfach los. Wie bei „Pink summer“, das sie nach einem Urlaubsort in der slowenischen Stadt schuf. Die Perspektive und die pinkfarbenen Fensterläden ließen sie nicht mehr los. Führten auch dazu, von der gesetzten Schwarzgrundigkeit abzurücken. „Ich brauche beide Ausdrucksformen, die trotz Kontrasts bei der Architektur zusammenkommen.
Zwei Ausdrucksformen, die in der Architektur zusammenkommen
In Wuppertal zeigt Charlotte Spork verlassene Gemäuer, blickt in leere Maschinenräume, auf Treppen, die nach nirgendwo führen. Ihr gemalter, fast emotionaler, „Pink summer“, außerdem alte Linoldrucke von räumlichen Details, die von tiefschwarzen Schatten verschluckt werden, und neue Linoldrucke zu fein verästelter Industriekultur. Monotypien von geometrischen, architektonischen Formen, immer wieder durchbrochenen Mustern, mit scharfen Kanten, Verschiebungen und Spiegelungen. Und eine Holzcollage, auch sie ein Hingucker, fast so groß wie das Eingangsbild. Eine Wendeltreppe, die sie aus schwarzen und hellbraunen Kantenumleimern hergestellt hat, Müll, den ihr der Vater, der Schreiner ist, gab. Ein Material, das sich gut drücken und biegen lässt, das sie upcycelt. Ein Bild, das in den Raum greift, Ilka Jaroch an Intarsien denken lässt und den Betrachter zum Berühren dängt.