Azubistartpunkt Azubis erhalten immer mehr Geld
Wuppertal · Seit Januar gilt der Mindestlohn. Dennoch gibt es starke Unterschiede beim Gehalt.
Das erste eigene Geld auf dem Konto, vielleicht eine eigene Wohnung oder erste eigene Anschaffungen – mit Beginn der Ausbildung kommt regelmäßig das Gehalt. Die Zeiten, in denen Azubis mit einem Taschengeld abgespeist wurden, sind vorbei. Seit Januar gilt ein Mindestlohn von 515 Euro pro Monat im ersten Lehrjahr, im zweiten 608 und im dritten 695 Euro. Sieht der Tarifvertrag allerdings weniger vor, gilt der Tarifvertrag. Deshalb erhalten Azubis im Orthopädieschuhmacherhandwerk weiterhin nur 450 Euro zu Beginn ihrer Ausbildung.
Überhaupt unterscheiden sich die Vergütungen in den verschiedenen Branchen erheblich, abhängig vom jeweiligen Tarifvertrag. Eine Bürokauffrau kann beispielsweise in einem Unternehmen für Elektrotechnik im zweiten Lehrjahr rund 650 Euro verdienen, im Bundesministerium aber rund 970 Euro. Vom ersten bis zum dritten Ausbildungsjahr kommen dann noch einmal zwischen 100 und 700 Euro obendrauf. „Das können schon mal mehrere 100 Euro Unterschied zwischen verschiedenen Branchen sein“, sagt Carmen Bartl-Zorn, Geschäftsbereichsleiterin der IHK Bergisch Land für Aus- und Weiterbildung. Wichtiger als das Geld seien jedoch die Attraktivität des Berufs und Wohlfühlfaktoren. Am unteren Ende der Skala liegen die Jugendlichen, die gerne Friseur werden wollen. Sie bekommen in NRW im ersten Ausbildungsjahr 540 Euro, im dritten 770 Euro. Dazu können allerdings noch Trinkgelder kommen. Eher wenig verdienen auch angehende Bäcker (615 bis 820 Euro), Azubis im privaten Omnibusgewerbe (553 bis 806 Euro), Floristen (634 bis 737) oder Maler und Lackierer (650 bis 880 Euro).
Besonders viel Ausbildungsvergütung erhalten Azubis der Chemischen Industrie – sie fangen bereits mit 1027 Euro an und steigern sich auf 1265 Euro. Auch private Banken zahlen mit 1036 bis 1160 Euro gut. Eine besonders große Steigerung weist das gewerbliche Baugewerbe auf: Dort fangen Azubis mit 850 Euro an, kommen im letzten Ausbildungsjahr aber schon auf 1580 Euro. Auch die Obst- und Gemüseverarbeitungsindustrie erlaubt mit 834 bis 1259 Euro große Sprünge. Da können Studenten selbst mit einem guten Nebenjob kaum mithalten – sie erhalten meist zwischen 10 und 15 Euro pro Stunde.
Wer in einen Pflegeberuf geht – und damit sicher sein kann, später leicht eine Festanstellung zu finden – erhält vom ersten Tag an eine gute Bezahlung. Im TVA-L Pflege für Azubis an öffentlichen Krankenhäusern gilt im ersten Jahr 1160,70 Euro, im dritten sind es schon 1333 Euro. „Der Fachkräftemangel spiegelt sich auch in den Ausbildungsvergütungen, die seit Jahren stetig steigen“, sagt Sascha Bomann von der Kreishandwerkerschaft Solingen-Wuppertal.
Arbeitgeber locken mit zusätzlichen Bonbons
Viele Arbeitgeber versuchen zusätzlich, gute Azubis mit weiteren Bonbons zu ködern: Da gibt es ein Diensthandy oder ein Tablet, um die Aufgaben in der Berufsschule gut zu erledigen. Oder der Arbeitgeber zahlt einen Zuschuss für den Führerschein. „Inzwischen bekommen einige Azubis gegen Ende der Lehrzeit auch schon einen Dienstwagen, den sie auch in der Freizeit nutzen dürfen“, erzählt Bomann. „Damit kann man auch langfristig eine Bindung zum Unternehmen herstellen.“ Schließlich sei es ein wichtiger Faktor, die Azubis auch nach ihrer Ausbildung im Betrieb zu halten. Doch auch flexiblere Arbeitszeiten und ein gutes Betriebsklima seien wichtige Aspekte, um interessierte Jugendliche zu ködern.
Neben der Bezahlung gibt es auch beim Urlaub große Unterschiede in den einzelnen Branchen: Während etwa ein Azubi im Textilreinigerhandwerk (Tatex) oder im Forstbetrieb nur 23 bis 25 Tage Urlaub im Jahr bekommt, bietet die papiererzeugende Industrie 30 Tage, Apotheken 33 Tage und Reisebüros sogar 36 Tage. Die allermeisten Azubis haben 30 Tage Urlaub.
Wieviel pro Woche gearbeitet werden muss, unterscheidet sich ebenfalls stark. Während in der Eisen- und Stahlindustrie oder in der Druckindustrie die 35-Stunden-Woche üblich ist, müssen Azubis der Landwirtschaft oder Maler 40 Stunden helfen. In den meisten Fällen liegt die festgelegte Arbeitszeit zwischen 37 und 39 Stunden pro Woche. Dazu können bei Auftragsspitzen natürlich Überstunden kommen.