Interview mit AWG-Chef Martin Bickenbach E-Mobilität: „Das Thema ist nicht zu Ende gedacht“

Wuppertal · Nach dem Brand eines Tesla kritisiert AWG-Chef Martin Bickenbach fehlende Konzepte für Entsorgung und Sicherheit.

Der abgebrannte Tesla.

Foto: AWG

Herr Bickenbach, die Abfallwirtschaftsgesellschaft musste vor kurzem mit einem abgebrannten Tesla umgehen, eine Premiere?

Martin Bickenbach: Ja, und eine Herausforderung, vor der nicht nur wir stehen. So eine beschädigte Antriebsbatterie, 600 Kilogramm schwer, gilt als problematischer Sondermüll, den wir nicht ohne weiteres entsorgen können.

Was war zu tun?

Bickenbach: Wir mussten erst einmal herausfinden, ob die Antriebsbatterie noch verwendbar war und auf welchem Wege sie fachgerecht weiterverwertet werden kann. Ende vergangenen Jahres hat Tesla die Batterie nach mehreren Wochen schließlich abgeholt.

Klingt kompliziert.

Bickenbach: Das ist es auch. Nicht falsch verstehen: Neue Wege zu gehen, auch in Sachen Elektromobilität, ist gut und richtig, und ich habe absolut nichts gegen Hersteller wie Tesla oder VW. Doch es hilft nicht, wenn zwar gefordert, gebaut und verkauft, aber nicht zu Ende gedacht wird.

Inwiefern?

Bickenbach: Der Fall des abgebrannten Fahrzeugs hat gezeigt, wie viele Aspekte von E-Mobilität noch ungeklärt sind. So zum Beispiel die Frage der richtigen Entsorgung solcher Autos.

Was ist dabei zu beachten?

Bickenbach: Wegen des unbestrittenen Brandrisikos müssen die Antriebsbatterien unter hohen Sicherheitsauflagen transportiert werden. Derzeit sind bundesweit nur wenige Firmen in der Lage, größere Lithium-Ionen-Akkus aufzuarbeiten.

Nun brennt ein Elektrofahrzeug ja nicht täglich, ist der Fall nicht als Ausnahme zu betrachten?

Bickenbach: Angesichts der steigenden Zahl von Elektroautos muss man sich auf mögliche Gefahren einstellen. Sicherheitsfragen sind ein großes Thema. Was ist beim Löschen von E-Mobilen zu beachten? Auf welche Risiken müssen sich Einsatzkräfte künftig einstellen? Müssen überhitzte E-Batterien nach einem Brand zur Abkühlung in einem Container mit Wasser gelagert werden? Es gibt bei dem Thema einfach sehr viele Aspekte, über die man sich Gedanken machen muss.

Welche noch zum Beispiel?

Bickenbach: Zum Beispiel die Frage der Haftung in Brandfällen, die sich in Parkhäusern oder Tiefgaragen ereignen, der große Bereich Versicherungen.

Das alles kann man hier in Wuppertal kaum klären.

Bickenbach: Nein, da sind Bund und Land gefragt.

Wie rüsten sich AWG und WSW?

Bickenbach: Wir werden uns mit unserer Autorecyclingsparte auf Elektromobilität einstellen, auf neue Recyclingverfahren setzen. Dabei wird es auch um die Verwertung der Batterien und mögliche Stromspeicherung gehen.

Die Tesla-Batterie hat der Hersteller ja zurückgenommen, wo befindet sich das Wrack nun?

Bickenbach: Bei uns. Wir schauen, was sich weiter verwerten lässt.

Wie sieht die Ausstattung mit öffentlichen Ladesäulen in der Stadt aus?

Bickenbach: Die Wuppertaler Stadtwerke haben 21 Standorte mit 23 Ladesäulen und 58 Ladepunkten, quasi Steckdosen. Eine Ladesäule kostet rund 15 000 Euro, davon werden in der Regel 50 Prozent gefördert.

Wie beurteilen Sie die Abdeckung, wo könnten weitere sinnvolle Standorte eingerichtet werden?

Bickenbach: Vor öffentlichen Gebäuden wie Schulen und Kindergärten beispielsweise, denn dort gibt es entsprechenden Strombedarf, dort halten sich Mitarbeiter, Lehrer oder Erzieher länger auf – anders als auf Parkplätzen in den Innenstädten.

Die Wuppertaler Stadtwerke und die AWG haben erst kürzlich den neuen Wasserstoffbus nebst entsprechendem Tankstellen-Neubau vorgestellt, weitere Busse sind bestellt...

Bickenbach:...und wir planen sogar, zwei Wasserstoff-Müllfahrzeuge in Dienst zu stellen.

Wäre Elektroantrieb für die Müllfahrzeuge keine Alternative?

Bickenbach (lacht): Bei unserer Wuppertaler Topographie – leider nein. Die wären auf dem Weg von der Talsohle auf die Höhen ganz schnell am Ende.