„Zuckermanns Nähmaschine und andere Neuigkeiten“ Begegnungsstätte Alte Synagoge eröffnet renovierte Dauerausstellung
Wuppertal · In der Begegnungsstätte Alte Synagoge werden immer wieder Ausstellungsstücke ausgetauscht und Dinge verändert – meist ist es reiner Zufall, wann diese auftauchen.
Im vergangenen Jahr haben aber gleich mehrere bedeutungsvolle Überbleibsel der jüdischen Geschichte in Wuppertal ihren Weg in die Dauerausstellung gefunden. Am Sonntag, 24. April um 17 Uhr findet deshalb die Eröffnung der renovierten Ausstellung statt.
Unter dem Titel „Zuckermanns Nähmaschine… und andere Neuigkeiten“ stellt die Begegnungsstätte Alte Synagoge diese Fundstücke nun vor. Highlight ist eine alte Nähmaschine aus der Werkstatt des Elberfelder Juden Samuel Zuckermann. „Die Nähmaschine ist im letzten Jahr zugestoßen“, berichtet Ulrike Schrader, Leiterin der Begegnungsstätte. Eine Sammlerin aus Niedersachsen sei auf die Inschrift „S. Zuckermann Elberfeld“ aufmerksam geworden. Der Name sei ihr so jüdisch vorgekommen, habe sie berichtet. Dann habe sie recherchiert und schließlich Kontakt zur Begegnungsstätte Alte Synagoge in Wuppertal aufgenommen. Tatsächlich hatte Samuel Zuckermann ein Geschäft in Elberfeld – unter anderem für Nähmaschinen.
Das große Ausstellungsstück brauchte in der Begegnungsstätte aber einen Platz. So kam es zu einem „Rattenschwanz an Veränderungen“, sagt Ulrike Schrader. In der renovierten Ausstellung werde nun noch einmal mehr auf berufliche Branchen aufmerksam gemacht, die oft übersehen würden. „Jüdische Menschen hatten eben nicht nur Kaufhäuser“, sagt Ulrike Schrader. Sie waren auch Schneider, Metzger und „kleine Leute“. Um darauf aufmerksam zu machen, hat die Begegnungsstätte Visitenkarten von jüdischen Schneiderinnen und Schneidern in Wuppertal angefertigt – basierend auf den Informationen und Fundstücken der Geschichte, die der Begegnungsstätte vorliegen. Ein Foto in der „neuen“ Ecke der Ausstellung zeigt zum Beispiel einen Kindergeburtstag in der Schneiderei von Max Kotek. In der Nordstadt aber auch in der Südstadt hat es viele jüdische Arbeiter gegeben. „Wir sind froh, dass wir dieses Thema hier beleuchten können“, sagt Ulrike Schrader. Die neuen Stücke stellen eine Akzenterweiterung dar: „Wir erweitern das Spektrum an Biografien, Lebenswegen und besonderen Situationen“, erklärt Schrader.
Neben der Nähmaschine ist auch eine Druckform für die Reklame des Geschäftshauses M. Meyer in der Barmer Schuchardstraße zur Ausstellung hinzugekommen. Außerdem stellt die Begegnungsstätte nun auch das originale Gesangbuch der jüdischen Gemeinde in Elberfeld von 1910 aus und ein Gemälde des Malers Sigismund Preuß (1867-1935). „Auch das haben wir zufällig bekommen“, sagt Ulrike Schrader. Durch ein Etikett auf einem Gemälde sei der Sammler auf die Begegnungsstätte gestoßen. Sigismund Preuß „steht für eine Biografie, die sehr traurig endet“, so Schrader. Nach den Nürnberger Rassengesetzen habe er Selbstmord begangen, obwohl er schon getauft war.
Eine weitere Person hat ihren Weg in die Ausstellung in Elberfeld gefunden. Fotos und Fakten aus dem Nachlass von John R. Wahl (1913-1993) erzählen die Biografie von Hans Rudolf Wahl, die von Dana Thiele recherchiert wurde. Wahl wurde als jüngster Sohn einer angesehenen Barmer Geschäftsfamilie 1913 geboren. Wegen des zunehmenden Antisemitismus in Europa emigrierte dieser 1938 in die USA. Dort trat er nach kurzer Zeit in die Armee ein und wurde später zu einem „Ritchie Boy“ - denn mit seinen Sprachkompetenzen und seiner Herkunft war er in der Lage, Verhöre mit NS-Funktionären und anderen deutschen Kriegsgefangenen durchzuführen. „Die Biografie zeigt, dass die Juden auch aktiv etwas unternommen haben gegen den Nationalsozialismus“, so Schrader.
Die Ausstellungseröffnung am Sonntag beginnt mit einer Begrüßung durch Antonia Dicken-Begrich, Vorsitzende des Trägervereins Begegnungsstätte Alte Synagoge. Ehrengäste sind unter anderem Nachfahren von dem „Ritchie Boy“ John Wahl. Außerdem wird voraussichtlich auch Luciano Wolff, Nachfahre der Familie Simon, der das Kaufhaus „M. Meyer Nachfolger“ an der Schuchardstraße gehörte, anwesend sein.