Analyse Darum hat Wuppertal mit dieser Broschüre keine Wahl
Analyse Das Infoheft in den Unterlagen zur Seilbahn-Wahl hilft nicht, sich anhand von ausgewogenenen Informationen eine Meinung zu bilden.
Die Ankündigung des Stadtkämmerers hat auf eine sparsame Informationsbroschüre schließen lassen. Was Johannes Slawig den 270 000 Wuppertalern in der Seilbahnfrage nun aber an die Hand gab, geht weit über sparsam hinaus. Es ist fast nichts. Die Begutachtung der Broschüre dauert mangels Umfang nicht sehr lang, fördert wenige und schon gar keine neue Fakten zutage. Statt der von Slawig gegenüber der Westdeutschen Zeitung angekündigten 16 umfasst das Heftchen zwölf Seiten. Da Vorder- und Rückseite für das Deckblatt beziehungsweise für das Grußwort vorgesehen waren, bleiben zehn Seiten.
In diesem Zusammenhang erweist es sich als misslich, dass in den Freien Wählern aus der Wählergemeinschaft für Wuppertal vor Wochenfrist eine neue Fraktion hervorgegangen ist. Denn die Ankündigung war, dass jede Ratsfraktion eine Seite dafür bekommt, ihre Meinung zur Seilbahn darzulegen. Bei acht Fraktionen sind das acht Seiten. Bei zwölf Seiten bleiben mithin für die Information aus dem Rathaus zwei. Von diesen zwei Seiten ist eine mit einer grob gezeichneten Grafik versehen, die den Verlauf der Seilbahntrasse zeigen soll. Daneben finden sich Daten und Fakten. Die meisten sind sattsam bekannt. Das gilt auch für den Nutzen, den die Seilbahn nach Meinung ihrer Befürworter stiften soll. Hier sind die Barrierefreiheit, die Möglichkeit, Fahrräder und Kinderwagen mitzunehmen, die Umweltfreundlichkeit, die Fahrzeiten vom Bahnhof zum Grifflenberg und nach Küllenhahn aufgeführt. Außerdem spricht demnach für das auf 88,9 Millionen Euro Investition taxierte Projekt, dass es mit den Fahrkarten des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr (VRR) nutzbar ist. Soviel zu dem, was für das Unterfangen spricht, das auf die stadtweite Suche nach Visionen für Wuppertal zurückgeht. Auch daran waren die Bürger dieser Stadt beteiligt.
Was der Broschüre fehlt, sind von der Stadtverwaltung, also von (hoffentlich) neutraler Stelle vorgetragene Argumente gegen den Bau der Seilbahn. Wer sich nicht auf die Einschätzung der SPD (pro) oder der Linken (contra) oder die Auflistung der Freien Wähler verlassen will, wer von der Stadt ausgewogene Wahlhilfe erwartet hat, dem ist mit dieser äußerst dünnen Broschüre nicht geholfen. Das ist angesichts der Kosten von etwa 250 000 Euro insgesamt für die Bürgerbefragung bedenklich. Denn der Preis für die Broschüre ist darin enthalten, und er wird von allen Wuppertaler Steuerzahlern beglichen, egal ob sie für oder gegen die Seilbahn sind.
Außerhalb des Rathauses läuft der Kampf um die Meinungshoheit auf vollen Touren. Nach dem teils lebhaften Stadtgespräch auf WDR 5 am Donnerstag nimmt sich auf Einladung der SPD am Dienstag ab 19 Uhr ein Podium in der Alten Feuerwache des Themas an. Und die Universität mischt mit einem Schreiben von Rektor Lambert Koch munter mit. Es ist an alle Studenten gegangen, auch an jene 14 000, die mangels erstem Wohnsitz in Wuppertal nicht abstimmen dürfen. Koch betont die Wichtigkeit des Projektes für die Uni und die Zukunftsfähigkeit Wuppertals. Dass er dabei die Argumente der Widersacher vollständig ignoriert, ist, anders als bei der Broschüre der Stadt, legitim, wenn vielleicht auch nicht sehr geschickt.
Denn neben den aufgeführten und anscheinend auch belastbaren Gründen für die Seilbahn, sprechen ebenso vernünftige Argumente dagegen. Dazu zählt das Kostenrisiko, das bei den Stadtwerken liegt. Mindestens ebenso gewichtig ist für die Bewohner der Südstadt der Umstand, dass die WSW den Busfahrplan ausdünnen wollen. Noch schwerer wiegt für die Anwohner gleich unter der Seilbahntrasse der Verlust von Privatsphäre dadurch, dass alle 16 Sekunden eine Seilbahngondel über ihr Grundstück schwebt. Und nicht zuletzt droht den Eigentümern unter den betroffenen Anwohnern ein Wertverlust ihrer Immobilie. Mit all diesen Gegenargumenten im Inhalt hätte die Broschüre aus dem Rathaus trotz ihres überschaubaren Umfangs eine Entscheidungshilfe sein können. So ist sie nur ein kostspieliges Ärgernis.