Herr Reese, die SPD hat eine dezidierte Meinung zur Umweltspur auf der B 7....
WZ-Interview „Die autofreie Innenstadt würde ich für sehr problematisch halten“
Interview | Wuppertal · Die Verkehrssituation ist ein zentrales Wahlkampfthema. Warum die SPD gegen eine autofreie Innenstadt ist, erklärt Fraktionsvorsitzender Reese im Interview.
Klaus Jürgen Reese: Auch wir sind für eine Weiterentwicklung der Verkehrssituation in Wuppertal. Allerdings ist unser Ansatz immer, die Menschen dabei mitzunehmen, und nicht, eine bestimmte Mobilitätsform auszugrenzen. Von daher nimmt man Veränderungen vor, wo sie sinnvoll sind, und nicht, weil man aus ideologischen oder anderen Gründen das Thema nach vorne stellen möchte.
Mit dem Vorschlag, die Hünefeldstraße und Wittensteinstraße als Fahrradweg zu ertüchtigen, liegt die SPD weit vorne. Wann werden die Fahrradfahrer davon etwas sehen?
Reese: Sie würden schon längst etwas davon sehen, wenn man dem Vorschlag der SPD gefolgt wäre. Wir haben Anfang 2019 den Antrag gestellt, der aber erst abgelehnt wurde und dann ein gutes Jahr später zu einer einstimmigen Beschlussfassung geführt hat. Radfahrer wären also schon lange in der Lage, dieses gute Angebot zu nutzen. Wenn man Hünefeldstraße und Hardtufer mit Tempo 30 versieht, dann muss der Radfahrer sich nicht auf diesem Jahrzehnte alten, schmalen Radweg bewegen, sondern kann den weitgehend geschützten Raum nutzen.
Dieser Ratsbeschluss hat Gültigkeit über die Kommunalwahl hinaus?
Reese: Es sei denn, man hebt ihn auf.
In welcher Konstellation könnte Ihr Plan nach der Wahl umgesetzt werden? Welche Partei zieht da mit?
Reese: Bei dem Thema müsste jeder mitziehen, weil wir das einstimmig beschlossen haben.
Wir haben eine Umfrage veröffentlicht. Da stand das Thema Verkehr mit 25 Prozent oben, was die Bedeutung angeht. Haben wir in Wuppertal solch massive Verkehrsprobleme?
Reese: Das Thema Verkehr wird von allen immer hoch angesiedelt, weil auch jeder Experte auf diesem Gebiet ist. Jeder hat einen Führerschein, fährt Auto, geht zu Fuß oder fährt Fahrrad. Ich glaube, wir haben in Wuppertal im Vergleich zu anderen Städten wie Köln oder Düsseldorf nicht das maximale Problem.
Dann müsste aus Ihrer Sicht möglich sein, was der Kandidat von CDU und Grünen sich wünscht: die autofreie Innenstadt...?
Reese: Das würde ich für sehr problematisch halten. Wir haben heute schon weite Teile der Innenstadt autofrei, das sind die Fußgängerzonen, aber wenn man in eine größere Ausdehnung einsteigt, dann muss man ganz andere Probleme lösen, die da heißen: Anlieger, Geschäftsandienung sowie Kundenverkehr mit Individualverkehr. Wenn man die Geschäftsleute in der Friedrich-Ebert-Straße fragen würde, dann wären die nicht alle dafür, diese Straße zum autofreien Bereich zu machen. Unser Ansatz geht zur Verbesserung der Lebensqualität unter Beachtung aller Formen der Mobilität, dazu gehört der Individualverkehr.
Im Finanzausschuss wurde von den WSW angekündigt, dass der Hersteller die Mängel an der Schwebebahn zu seinen Lasten abstellen will. Sind das Lippenbekenntnisse?
Reese: Ich denke, wir müssen die Zusagen an der Realität spiegeln und den Hersteller daran messen. Das ist eine Chance, ein großes Stück weiterzukommen, weil der Hersteller und sein Eigentümer nicht an negativer Publicity interessiert sind. Die WSW haben zugesagt, die Bahn bis Sommer nächsten Jahres wieder in Betrieb zu bekommen.
Es gibt andere bekannte Beispiele für Probleme in der Stadt. Funktioniert die Kontrolle durch den Stadtrat noch?
Reese: Ich denke, im Großen und Ganzen ja. Wenn man sich die Schadfälle ansieht, wie die Mauer am Döppersberg, dann handelt es sich dabei um Themen, wo privatwirtschaftlich beauftragte Firmen nicht das geliefert haben, was bestellt worden ist. Grade bei der Mauer am Döppersberg muss man darauf hinweisen, dass durch ein von der Stadt beauftragtes Gutachten der Schaden erst dokumentiert worden ist.
Der Stadtrat hätte das nicht ändern können?
Reese: Wenig. Fachlichkeit eines Beratungsgremiums werden Sie nicht über die Fachkunde von beauftragten Unternehmen stellen können.
Wie könnten denn die Partner aussehen, mit denen die SPD nach der Wahl Politik machen will?
Reese: Die SPD wird sich mit allen Gutwilligen im Stadtrat unterhalten. Am Ende wird zählen, mit welchen Fraktionen wir unsere Inhalte gut vertreten und wo man zum Kompromiss kommen kann. Für mich ist von großer Bedeutung: Mit wem kann man ein Zukunftsbild für Wuppertal darstellen, hinter dem man sich versammeln kann?
Es gibt kein Nachkarten nach dem Motto, mit der CDU arbeiten wir nicht zusammen, weil sie während der Legislaturperiode den Partner gewechselt hat?
Reese: Das wäre aus meiner Sicht keine gute Vorgehensweise, denn wenn man ein gutes Ziel erreichen will, sollte man im Vorhinein niemanden ausschließen. Bei aller Problematik von ehemaligen Verletzungen sollte man so professionell sein, mit allen zu reden. Ich möchte ein sich entwickelndes und blühendes Wuppertal.
Sie haben mit der CDU ein Flächenprogramm entwickelt. Mit wem wollen Sie es denn durchsetzen
Reese: Fläche hängt immer mit Arbeitsplätzen zusammen und da kann Wuppertal deutlich Zuwachs gebrauchen. Die Wirtschaftsförderung hat uns gerade klargemacht, dass beim heutigen Stand 2022 eigentlich kein Gewerbeflächenangebot mehr verfügbar ist. Daher haben wir den Antrag gestellt, nach neuen Flächen zu suchen – ähnlich wie beim Wohnbauprogramm. Das wird ein großes Thema über künftige Zusammenarbeit sein müssen.
Wie wollen Sie die CDU wieder davon überzeugen?
Reese: In der vergangenen Woche hat selbst der neue Stadtentwicklungsdezernent, der ein Grüner ist, klar gesagt, dass bei den Wohnbauflächen eine Innenentwicklung wünschenswert sei. Letztendlich hat er klar gesagt, dass neue Flächen nötig sind, um den Wohnbedarf erfüllen zu können, wenn man keine Verhältnisse wie in Köln oder Düsseldorf haben will.