Wuppertal Das Berufskolleg Werther Brücke ist ab Sommer Talentschule
Wuppertal · Schüler im Bereich der beruflichen Grundbildung sollen gezielt gefördert werden.
Die Bezirksregierung hatte das Berufskolleg Werther Brücke gar nicht auf dem Schirm. Deshalb wurde die Schule nicht auf die Fördermöglichkeit als Ta-
lentschule hingewiesen. Das Team um Schulleiter Matthias Flötotto bewarb sich trotzdem und hatte Erfolg: Ab dem Sommer ist der Bereich der beruflichen Grundbildung des Kollegs „Talentschule“. Für die spezielle Förderung junger Menschen mit Schwierigkeiten bekommt das Kolleg für fünf Jahre mehr Stellen, Geld für Fortbildungen sowie eine wissenschaftliche Begleitung. „Ein Glücksfall!“, freut sich Matthias Flötotto.
Die Landesregierung will mit dem Schulversuch „Talentschulen“ Maßnahmen zur individuellen Förderung erproben. Ziel ist, den Zusammenhang zwischen Bildungserfolg und sozialer Herkunft zu reduzieren. Das Berufskolleg Werther Brücke bietet nicht nur Berufsschulunterricht, mittlere bis höhere Schulabschlüsse und Weiterbildung an, sondern auch berufliche Grundbildung in Vorbereitung auf eine Berufsausbildung. Derzeit sind das rund 500 Schüler in der Ausbildungsvorbereitung, an der Berufsfachschule und in den internationalen Klassen.
Für deren Förderung hat die Schule sechs Module entworfen: Talente stärken durch praktische Projekte, individuelle Förderung durch Paten, aufsuchende Sozialarbeit, Aufbau eines Internet-Bewerberportals für Praktikums- und Ausbildungsstellen, Betreuung über die Zeit am Kolleg hinaus und Sprachförderung.
Dafür hat das Land bereits vier zusätzliche Stellen bewilligt, zwei weitere Stellen für die Sprachförderung hat das Kolleg beantragt. 2500 Euro pro Jahr stehen für Fortbildungen zur Verfügung. Drei Unis begleiten den Schulversuch.
Paten sollen die Schüler unterstützen
Für die Bewerbung blieb dem Kolleg wenig Zeit, trotzdem erhielt es im November die Zusage. „Ich glaube, das ist uns gelungen, weil wir uns schon länger auf den Weg gemacht haben, uns um die Zielgruppe benachteiligter Schüler zu kümmern“, sagt Michael Wenzel, Politiklehrer und Abteilungsleiter Berufliche Vorbereitung.
Rund 80 Prozent der überwiegend männlichen Schüler in diesem Bereich haben einen Migrationshintergrund, dazu kommen Schüler der internationalen Förderklassen und Klassen mit Jugendlichen aus Förderschulen. In seiner Bewerbung schreibt das Kolleg von vielfältigen Beeinträchtigungen der Jugendlichen wie Entwicklungsstörungen, Gewalt- und Fluchterfahrungen sowie schwierige familiäre Verhältnisse. In den Ausbildungsgängen zum Hauptschulabschluss erreichen bisher nur 30 Prozent das Ziel, nur 20 Prozent bekommen einen Ausbildungsplatz. Diese Zahlen sollen im Rahmen des Talentschul-Versuchs erhöht werden.
„Wir wollen Patenschaften aufbauen“, erläutert Förderpä-
dagogin Viola Wissel, die die Maßnahmen zur Talentschule koordiniert, ein Beispiel. So sollen Schüler der Berufsschulklassen die Schüler in der beruflichen Grundbildung unterstützen, sie bei Praktika in ihren Betrieben begleiten. Weil Betriebe auf diese Weise auch potentielle Nachwuchskräfte kennenlernen, sei das „für viele eine Win-Win-Situation“, sagt Schulleiter Matthias Flötotto. Im Bereich Sprachförderung will das Kolleg Jugendlichen, die wenig Gelegenheit zum Deutschsprechen haben, Freizeitangebote machen wie gemeinsames Kochen oder Sport.
Die wissenschaftliche Begleitung sei auch für das Kolleg „spannend“, so Michael Wenzel. Viola Wissel erläutert: „Wir bekommen halbjährlich eine Rückmeldung.“ Zudem tauschten sich die Talentschulen untereinander aus. Schulleiter Flötotto sagt: „Wir werden auch intern beobachten, wie viele junge Menschen wir in Arbeit vermitteln können.“