Brauen Das Bier von morgen kommt von gestern

Am Freitag ist der internationale Tag des Bieres. Die einstige Bierstadt Wuppertal hat zwar an Brauereien verloren, pflegt aber die Vielfalt.

Wuppertal. In Wuppertal herrschten einmal Zustände wie heute noch im Frankenland. Es gab in den Jahren um den Beginn des 20. Jahrhunderts etwa 120 Brauereien. Im Wuppertaler Brauhaus in Barmen hängen zwei Karten mit deren Standorten an den Glasscheiben vor den Braukesseln, die über dem ehemaligen Schwimmbecken thronen. Heute ist das Brauhaus die einzige Brauerei in der Stadt. Die großen Namen haben sich in den 60er und 70er Jahren des letzten Jahrhunderts verabschiedet. Zuletzt Wicküler im Jahr 1991. Richard Hubinger, Geschäftsführer des Wuppertaler Brauhauses, sagt vor allem die 60er Jahre seien eine schlimme Zeit gewesen. Damals seien viele Betriebe verschwunden. Feldschlösschen, Phönix, Gesenberg. Er zeigt auf Wandtafeln in der Gaststätte, die die Geschichte des Wuppertaler Bieres aufzeigen.

Foto: Anna Schwartz

Aber seitdem ist viel Zeit vergangen und es hat sich einiges getan. Der Brauereiverband NRW sagt, dass es seit den 1990ern wieder Aufwind gibt. Aus 98 Brauerein in NRW 1990 sind immerhin wieder 125 geworden. Nur in Wuppertal blieb es bei der einen.

Was sich verändert hat, ist nicht nur die Zahl der Braustätten, sondern auch der Geschmack. Das ist gut für das Brauhaus. „In den 70er und 80er Jahren gab es eine schlimme Konzentration auf Pils“, erinnert sich Hubinger. Für seinen Brauer sei es schwer gewesen, etwas anderes zu brauen. „Es war unmöglich, etwas zusätzlich auf die Karte zu setzen.“ Das habe sich in den vergangenen Jahren geändert. Die Kunden seien probierfreudiger geworden, der Markt habe sich geöffnet. Deswegen könnten jetzt auch mehr Sorten produziert werden und das Brauhaus mehr probieren.

Das haben Hubinger und der Brauer Carsten Dölz auch vor. Sie haben sich eine alte Gestensorte aus dem Geburtsjahr von Friedrich Engels bei der Landwirtschaftskammer besorgt und möchten damit das „Engels Bräu“ herstellen. Ein Experiment, meint Dölz: „Die Gerste ist ganz anders als alles, womit ich in den letzten 30 Jahren gearbeitet habe.“ Er kenne die chemischen Werte und könne erahnen, wie das Bier schmecken wird — wissen kann er es nicht. Das Malz soll in zwei Wochen da sein. Fünf Wochen später soll es dann das Bier geben - eine Art historisches Bier mit Regionalbezug.

Das geht auch weil es seit Jahren einen Trend zum sogenannten Craft-Beer gibt. Handwerklich hergestelltes Bier aus Kleinbrauerein, die mit anderen Geschmäckern oder verschiedenen Malz- und Hopfen-Sorten experimentieren. Ein Trend aus den USA — wo 2007 der 5. August zum Tag des Bieres erklärt wurde—, der zunehmend auch hier ankommt.

Etwa im Craft-Beer Kiosk an der Luisenstraße. Den hat Thosten Ulbrich im Februar eröffnet und will noch dieses Jahr expandieren: Der Kiosk hat sich auf eine Schanklizenz beworben und will Sitzgelegenheiten in den Laden integrieren. Ulbricht verkauft etwa 50 Biersorten aus den USA, den Niederlanden oder Schottland. Viele Biere kommen aber aus Deutschland — Hamburg, Berlin, Hagen oder Dortmund. Hier sieht man, warum die Zahlen der Brauerein steigen und wie der Geschmack sich verändert. Ulbrich hat auch Pils. „Aber eben auch viel mehr“, sagt er. Und das freut die Kunden. „Die Leute gehen wirklich glücklich hier raus, wenn sie etwas besonderes gefunden haben.“