Das Buch von Schloss Burg ist nach 40 Jahren wieder da
Ursula Durach und ihre Enkelin finden das Fremdenbuch der Burg. Sogar ein US-Präsident hat hineingeschrieben.
Wuppertal/Solingen. Die Enkelin packt die letzten Umzugskartons aus. Ihre Großmutter Ursula Durach (91) ist gerade von einem Haus in eine Etagenwohnung an der Daniel-Schürmann-Straße gezogen. Doch den Inhalt dieses letzten Pakets kann die Enkelin kaum hochheben. Das schwere Etwas ist fein säuberlich in dickes Papier eingepackt und mit einer Kordel verzurrt. Als die beiden das mysteriöse Päckchen auspacken, trauen sie ihren Augen kaum: Am 23. Mai finden die beiden Frauen das seit 40 Jahren verschwundene Gästebuch von Schloss Burg.
„Ich war erst mal platt. Ich dachte, es sei etwas Unwichtiges dort drin“, erzählt die Remscheiderin. Wie das zehn Kilo schwere und aufwendig verzierte Buch überhaupt in ihren Keller gekommen ist, weiß niemand. Es bleibt ein großes Remscheider Rätsel. Einziger Hinweis: Durachs verstorbener Mann Karl-Heinz war Grafiker und Mitinhaber der Firma Loose-Durach — Kunst und graphische Werkstätten — an der Stockder Straße.
Ende der 70er Jahre trennte sich Durach von seinem Geschäftspartner. „Ich gehe davon aus, dass mein Mann die Seiten beschriften sollte. Er hat ja früher oft etwas für den Schlossbauverein gemacht.“ Zum Beispiel das Plakat für die Eröffnung der Gedenkstätte auf Schloss Burg. „Davon war der Bundespräsident Theodor Heuss so begeistert“, erzählt die gelernte Innenarchitektin, die ihren Mann damals auf der Kunstgewerbeschule in Wuppertal kennenlernte.
Sie glaubt, ihr Mann habe bereits einige der insgesamt 500 Seiten beschriftet. Der letzte Eintrag stammt von der Eröffnung der Tonbildschau im Bergfried, 5. Juni 1974. „Ich habe mich tierisch über den Fund gefreut“, sagt der wissenschaftliche Mitarbeiter der Burg, Gregor Ahlmann. „Ich habe die ganze Zeit gedacht, wie irre das eigentlich ist.“
Da das sogenannte Fremdenbuch 40 Jahre im dunklen Keller der Durachs lagerte, ist es sehr gut erhalten: Die Messingbeschläge glänzen, jedes Wort des ersten Eintrags aus dem 1893 ist erkennbar. Die schwarze Tinte scheint gerade erst getrocknet. Die Seiten bestehen glücklicherweise aus hochwertigem holzfreien Papier — daher der gute Zustand. „Papier aus der Zeit macht sonst oft Probleme, da es sich durch die Holzfasern selbst zersetzt“, erklärt Ahlmann.
Beim Blättern entdeckt man sogar ein Wasserzeichen: „PM Fabiano“ steht auf den Seiten, die wunderbar nach alter Bibliothek riechen. Die schwere Schwarte mit prachtvollem Goldschnitt, wie es sich für eine herrschaftliche Burg nun mal gehört, ist für den Schlossbauverein ein wahrer Schatz. Hatte man doch vergeblich versucht, diesen Zeitzeugen mit Ledereinband zum 125-jährigen Bestehen des Schlossbauvereins 2012 aufzuspüren.
„Selbst der älteste lebende Vorsitzende des Vereins weiß nichts von dem Buch“, sagt Ahlmann. Mehr als 1700 Unterschriften von Prominenten finden sich darin. Die Unterschrift, die Ahlmann nun fieberhaft sucht, ist die des Kaisers. Denn der war 1899 zu Gast auf der Burg. „Es dokumentiert die bedeutende Rolle von Schloss Burg als Ausflugsziel, aber auch als Ort wichtiger repräsentativer Ereignisse.“
Der Schlossbauverein möchte das Gästebuch nun bei besonderen Anlässen wieder auslegen, schließlich sind noch etwa 160 Seiten frei. Die Promis können kommen — und fleißig Geschichte schreiben.