Sporthistorie Das neue Wuppertaler Stadion setzte vor 100 Jahren Maßstäbe

Wuppertal · Das neue Wuppertaler Stadion setzte vor 100 Jahren Maßstäbe

Volle Ränge und mehrere 1000 Sportler und Schüler auf dem Rasen – so sah es im Stadion beu der Eröffnungsfeier am 5. Oktober 1924 aus.

Foto: Aus dem Buch Stadion am Zoo von Peter Keller/Sammlung Otto Krschak

Über 3000 Zuschauer würde sich Fußball-Regionalligist Wuppertaler SV an diesem Samstag im Heimspiel gegen den 1. FC Bocholt vermutlich schon freuen. Genau 100 Jahre zuvor, am 5. Oktober 1924, war die Arena – damals noch ein Rund – deutlich besser mit Zuschauern gefüllt gewesen und auch auf dem Rasen herrschte eine andere Enge als beim Elf gegen Elf der Fußballer. Laut Bergisch Märkischer Zeitung marschierten rund 2500 Turner, Schwimmer, Radfahrer, Kegler, Fechter und Leichtathleten aus vielen Vereinen der Stadt und noch einmal so viele Schüler ein, beschrieben mit Bannern und Wimpeln eine Runde und stellten sich anschließend auf dem Stadionrasen auf. Für die Eröffnungsfeier des damaligen Elberfelder Stadions hatten sie in den Wochen zuvor geprobt.

Mit dem Stadion hatten sich die Elberfelder Stadtväter, fünf Jahre vor der Gründung der Stadt Wuppertal, nicht nur vom Nachbarn Barmen abgesetzt, der auf den Südhöhen bereits ein Stadion besaß, sondern auch im nationalen und internationalen Vergleich Maßstäbe gesetzt. Eine Zementbahn von zwölf Metern Breite wies damals keine andere deutsche Arena auf. Auf dem 500 m langen Oval mit einer Kurvenerhöhung von acht Metern konnten deshalb damals nicht nur reine Radrennen, sondern auch Steherrennen (hinter Motorrädern) gefahren werden, und sie war auch für Motorrad- und sogar Kleinkraftwagen-Wettbewerbe geeignet, die in den Anfangsjahren immer wieder Tausende Zuschauer anlockten.

An jenem 5. Oktober, damals übrigens ein Sonntag, gab es unter anderem ein „Stundenrennen“ mit deutschen und europäischen Spitzenradfahrern – und auch gleich einen Weltrekord. Der Berliner Walter Sawall legte in den 60 Minuten 85,080 Kilometer zurück, was bereits den Grundstein für den Ruf der Bahn als schnellste in Europa legte. Es sollte bekanntlich nicht der einzige Rekord bleiben. Legendär ist der von Walter Lohmann aus dem Jahr 1955, als so langsam das Ende der Radrennen auf der Bahn, die heute als Denkmal unter den Tribünen verborgen liegt, eingeleitet wurde. 96,014 Kilometer legte er in einer Stunde hinter einem Schrittmacher-Motorrad zurück, bekam anschließend eine Stromrechnung über 7,20 D-Mark für die Flutlichtkosten an diesem Abend präsentiert. Eine von vielen legendären Geschichten aus 100 Jahren Elberfelder Stadion und Stadion am Zoo. Kaum eine Sportart, die hier nicht stattfand: Der Fußball hatte bereits eine Woche vor der offiziellen Eröffnung mit dem damaligen Auswahlspiel zwischen Westdeutschland und Norddeutschland den Anfang gemacht. Handball, Hockey, Rugby, Leichtathletik und sogar mal Springreiten kamen hinzu. Immerhin wurde der Rasen – anders im Barmer Stadion – im Winter wohl nicht unter Wasser gesetzt, um darauf auch Eislaufvergnügen zu ermöglichen.

Eines dürfte sicher sein. So gut wie aktuell nach der vor einem Jahr erfolgten Grundaufsanierung mit Verfestigung und Abdichtung des einst aufgeschütteten Untergrunds ist der Rasen in der 100-jährigen Geschichte nie gewesen. Das beschert Wuppertal nach langer Pause am 14. Oktober (17.30 Uhr) bekanntlich auch mal wieder ein U-Länderspiel, wenn die deutschen U 20-Fußballer auf Ghana treffen. Knapp 2000 Karten sind bisher im Vorverkauf weg, bis dahin will die Stadt laut Sportamtsleiterin Alexandra Szlagowski aber noch kräftig die Werbetrommel rühren, damit es noch voller wird.

Den 5. Oktober 1924 wird man allerdings sicher nicht erreichen. Die Tausenden auf den mit Ausnahme der Tribüne (damals großteils aus Holz und 1932 abgebrannt) bis heute nicht überdachten Rängen harrten – trotz mehrerer Regenschauen – gedudig aus und verfolgten das Eröffnungsprogramm. Der damalige Beigeordnete der Stadt Elberfeld, Dr. Roth und Oberbürgermeister Dr. Kirschbaum, wiesen in ihren Reden stolz darauf hin, dass der eigentliche Bau des Stadions nur sechs Monate gedauert habe. Auch das ist 100 Jahre später unvorstellbar.