Vereinte Evangelische Mission Der Wuppertaler Laurentiusplatz singt und klingt
Wuppertal · Unter dem Titel „Deutschland singt und klingt!“ hatte die Vereinte Evangelische Mission am Donnerstag auf den Laurentiusplatz geladen
Der Platz vor der Basilika Sankt Laurentius war gut gefüllt mit sangesfreudigen Gästen, die zur Aktion „Wuppertal singt“ und zur Feier der Wiedervereinigung Deutschlands vor 34 Jahren gekommen waren. Radiomoderator Marco Lombardo moderierte eine kurzweilige Stunde klingender Bekenntnisse für Frieden und Freiheit. Oberbürgermeister Uwe Schneidewind schickte auch einen Gruß nach Schwerin, die Partnerstadt Wuppertals in Mecklenburg-Vorpommern, die die offizielle Vereinigungsfeier in diesem Jahr ausrichtete. Die Chorgemeinschaft vor und die Akteure auf der Bühne warteten vergeblich auf das feierliche Geläut von Sankt Laurentius und beschlossen, auch ohne den akustischen „Startschuss“ der Basilika-Glocken mit dem Chorprojekt zu beginnen.
Schilder mit den Chorstimmen „Sopran“, „Tenor“, „Bass“ und „Alt“ informierten darüber, wo sich die Gäste auf dem Laurentiusplatz am besten einfinden sollten. An den Stellen, an denen die Stimmen eingeteilt wurden, konnten sich die Bürgerinnen und Bürger auch weiße Kerzen abholen, die ein transparenter Becher gegen den Luftzug schützte. So leuchte mit zunehmender Dunkelheit ein Meer von Kerzen um die Wette mit der illuminierten rosa Fassade der imposanten Kirche und den Lichterketten in den Linden, die den Laurentiusplatz umgeben. Darunter hatten es sich zahlreiche Gäste auf den Baumbänken gemütlich gemacht, einige hatten sich Decken und Sitzkissen, Campingsessel oder Strandstühlchen mitgebracht. Besonders passend schien das alte deutsche Volkslied „Kein schöner Land“, denn es berichtet von frohen Stunden unter der Linde.
Das Chorprojekt stand unter der Leitung der Vohwinkeler Kirchenmusikerin Annika Herrmann. Vor dem ersten gemeinsamen Lied mit dem Titel „Die Hoffnung lebt zuerst“ richtete Oberbürgermeister Uwe Schneidewind das Wort an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Chorprojektes: „Gemeinsam Segel setzen“, sei das Motto der bundesweiten Veranstaltung in diesem Jahr. Das bezeichnete er als einen Impuls, der angesichts der aktuellen Entwicklungen mehr denn je notwendig sei.
Chor-Projekte sind mehr gefragt als Dauermitgliedschaften
Als Schirmherr der Veranstaltung bezog sich der SPD-Bundestagsabgeordnete Helge Lindh auf einen Besuch Martin Luther Kings, den er 1964 beiden Teilen Deutschland abstattete. In der Sophien- und der Marienkirche habe der Prediger für Bürgerrechte und gegen Rassentrennung gepredigt. Lindh zog Parallelen zur Gegenwart, in der Unversöhnlichkeit und Hass das Denken vieler Menschen prägen. Aus dem Berg der Verzweiflung einen Stein der Hoffnung zu brechen – mit dieser Metapher Martin Luther Kings appellierte der Schirmherr an die Menschen auf dem Laurentiusplatz, eine andere Welt zu ermöglichen.
Chorleiterin Annelie Herrmann dirigierte nicht nur ihren eigenen Projektchor mit Band und die fröhliche Menge unterhalb der Bühne. Sie erläuterte auch lebendig, welchen Wert das gemeinsame Singen für jeden Einzelnen und die Gemeinschaft habe. „Singen ist eine coole Sache“, fasste sie zusammen, was nicht nur Spaß macht, sondern auch Gemeinschaftserlebnisse stiftet. „Die Menschen haben heute keine Lust mehr, sich lange zu binden und regelmäßig einmal in der Woche zu Chorproben zu kommen. Dreimal proben, dann auftreten – das ist die Philosophie von Chorprojekten“ erklärte sie und die seien inzwischen gut besucht.
„Eure Stimme ist einzigartig!“ appellierte Marco Lombardo an die Menge, „Traut Euch!“ rief er den Menschen, die sich versammelt hatten, zu. Hier wurde auf der Stelle getanzt, dort wurde Luftgitarre oder Luftschlagzeug gespielt. Einen kleinen Exkurs in die Musikgeschichte machte der Moderator angesichts des Liedes „Mein kleiner grüner Kaktus“, das die Commedian Harmonists in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts weltbekannt machte: „Wir sind der Dorn in der Gesellschaft, der so etwas nicht duldet“, konstatierte Lombardo angesichts des Auftrittsverbots, mit dem sich das damalige A- capella-Quintett samt Pianist zur Zeit des Nationalsozialismus konfrontiert sah; drei Mitglieder waren jüdischen Glaubens gewesen.
Sakrales, Pop und Balladen – das Repertoire der Stunde gemeinsamen Singens war vielfältig. Der Tote-Hosen-Hit „An Tagen wie diesen“ wurde ebenso angestimmt, wie Herbert Grönemeyers Forderung „Kinder an die Macht!“, das Kirchenlied „Dona nobis pacem“ oder der gänsehautfähige Gospelsong „We shall overcome“. Die Texte wurden über eine riesige Projektionsfläche visualisiert, so dass jeder mitsingen konnte.