„Ich kanns nicht lassen“ Tänzer und Publikum werden auf der Wuppertaler Bühne eine Einheit

Wuppertal · Beim Mitmach-Stück brillierten Freestyle-Profis.

Fragile: Die „Tanzkomplizen“ aus Berlin brachten den Tanzstil „Krump“ auf die Bühne der Bausch-Spielstätte in Elberfeld.

Foto: Andreas Fischer

Mit dem Tanzstil Krump kam, im Rahmen der Veranstaltung Fragile, ein schneller und expressiver Freestyle-Tanz auf die Bühne des Pina-Bausch Zentrum under construction. Die Tänzer von „Tanzkomplizen“ einer Spielstätte in Berlin, die ausschließlich und kontinuierlich Tanz für ein junges Publikum produziert, begeisterten die überwiegend jugendlichen Teilnehmer mit ihrem partizipativem Stück „Ich kann`s nicht lassen“. Entstanden ist Krump in einer afro-amerikanischen Gemeinde in Los Angeles und wird inzwischen weltweit getanzt. Die afrodiasporische Tanzkultur gründet auf einem Aufbegehren gegen soziale Ungleichheit und Diskriminierung. Die Krump-Tänzer erzählen mit ihren Bewegungen Geschichten, drücken Emotionen und Gefühle aus. Dabei wird die teilweise aggressive Art zu tanzen häufig als Abbau von Frust interpretiert, der durch als ungerecht empfundene soziale Missstände entsteht. Für viele ist Krump bis heute Zufluchtsort und Familienersatz. Es gibt eine große Community, die Gemeinschaft stiftet, mit gegenseitiger Unterstützung.

Dieses selbstermächtigende Lebensgefühl von Krump überführt die Choreografin und Performerin Janne Gregor in den Theaterraum. Dabei ist das Geschehen interaktiv, das Publikum wird einbezogen. Sie hatte die Idee mit den vier Tänzern Iman Gele, Baby Wave, Solomon „Big Liveness“ Quaynoo und Kofie DaVibe eine Choreographie zu erarbeiten. Damit will sie eine Antwort auf die Frage geben „Wem gehört die Bühne?“ Denn bei dem Stück wird die Partizipation zum Gestaltungsprinzip. Das Publikum bestimmt, wie es verlaufen wird.

Gemeinsam mit den vier Tänzern wird auf der Bühne agiert. Zunächst stehen diese verteilt im Raum, tanzen alleine, doch innerhalb kürzester Zeit kommt Bewegung in die Teilnehmer. Sie reagieren auf die Tänzer, imitieren die Bewegungen, führen sie durch eigne Handbewegungen. „Ich wollte die Hierarchie zwischen Tänzern und Publikum aufbrechen“, erklärt Gregor im abschließenden Gespräch und das ist ihr gelungen. „Das war bisher die beste Tanzveranstaltung, die ich hier mitgemacht habe“, so eine der jungen Teilnehmerinnen und aus dem Kreis der rund 50 Mitaktiven kommt kein Widerspruch.

Das einheitliche Erlebnis funktioniert rein über Gesten

Das Resümee des Abends ist durchweg positiv. Schon während des rund 50-minütigen Tanzevents ist die Begeisterung des Publikums zu spüren. Fast alle machen mit, lassen sich von den Profis animieren und anleiten. Ganz ohne Worte, nur mit Gesten kommunizieren sie mit den Teilnehmern. So entsteht ein ganzheitliches Kunsterlebnis zum Mitmachen. Ohne peinliche Aufforderung für die Besucher, sondern fast spielerisch beziehen sie diese mit ein, bringen sie in Bewegung. Vorgegebene Bewegungsabläufe werden imitiert und dann eigenständig umgesetzt und ergänzt. Im Laufe der Veranstaltung agiert das Publikum immer freier und ungezwungener, macht die Erfahrung, dass jeder tanzen kann. Die Soloeinlagen der Tänzer werden bejubelt und beklatscht. Der Tanz, der auf der Beteiligung des Publikums beruht, wird zum Mittel der Verständigung.

„Krump ist energiereich und gibt uns Raum unsere Gefühle und Emotionen ohne Sprache auszudrücken“, erzählen die Tänzer im anschließenden Gespräch auf das Lob des Publikums, wie schnell und ausdrucksstark sie ihre wechselnden Gefühle darstellen konnten. Sie erzählen von den Basics und Moves des Tanzes, von ihrem persönlichen Zugang dazu. Das Urteil der Besucher reichte von „super interessant“ bis „total geil“.