Sinfonieorchester Ein Instrument, so wandelbar wie die menschliche Stimme

Wuppertal · Feinste Barockmusik mit virtuosen Blockflötenklängen – Sinfonieorchester Wuppertal konzertierte „Uptown“

Stefan Temmingh an der Blockflöte und Leonie Wolters an der Querflöte harmonierten in der Unterbarmer Hauptkirche.

Foto: Hermine Fiedler

Mit einer erlebnisreichen Reise in die Welt der Barockmusik startete das Wuppertaler Sinfonieorchester in die neue Saison der beliebten Reihe „Uptown Classics“. Am Samstag gastierten die Musiker mit Werken von Bach, Telemann, Händel und Vivaldi in der sehr gut besuchten Unterbarmer Hauptkirche, am Sonntag fand das gleiche Konzert auf der Insel im Elberfelder ADA statt. Als Solist war Stefan Temmingh eingeladen, der zu den weltbesten Interpreten auf der Blockflöte gezählt wird. Im vorigen Jahr wurde er mit dem Opus Klassik in der Kategorie „Konzerteinspielung des Jahres” ausgezeichnet, im Jahr 2016 erhielt er den Echo Klassik als Instrumentalist des Jahres.

Der renommierte Blockflötist kam 1978 als Sohn einer südafrikanisch-holländischen Musikerfamilie in Kapstadt zur Welt und studierte ab 1998 am Konservatorium in München. Seit Herbst 2019 unterrichtet Temmingh als Professor an der Hochschule für Musik Freiburg. Da ihm sehr wichtig ist, dass seine Studenten echte Konzerterfahrungen machen, trat er beim ersten Werk des Abends, dem Brandenburgischen Konzert Nr. 4 G-Dur, zusammen mit seinem Studenten Mathis Wolfer auf.

Für das vierte seiner sechs Brandenburgischen Konzerte hatte Johann Sebastian Bach „Fiauti d’echo“ vorgesehen. Dieses geheimnisvolle Instrument wird meist mit zwei Blockflöten besetzt. Professor und Student wurden bei ihrem virtuosen Spiel auf Altblockflöten aufs Feinste von der zwölfköpfigen Streichergruppe des Sinfonieorchesters und Wiebke Weidanz am Cembalo begleitet. Im mittleren, tänzerisch voranschreitenden Satz wurden die Blockflöten tatsächlich zu „Echoflöten“, denn nur von der Solo-Violine begleitet wiederholten sie, was die Streichergruppe vorgab.

Das anspruchsvolle Geigen-Solo spielte Georgijs Sarkisjans, seit September stellvertretender Konzertmeister des Sinfonieorchesters. Auf das melancholische Andante folgte ein rasantes Flötenduo mit barocker Fülle, ebenso rasant umspielt von Geigen-Arabesken und einem großen Geigensolo. Beim folgenden „Doppelkonzert in e-Moll“ von Georg Philipp Telemann traten Blockflöte und Querflöte in reizvoller Kombination miteinander auf.

Stefan Temmingh und Leonie Wolters, stellvertretende Soloflötistin des Sinfonieorchesters Wuppertal, begaben sich in einen virtuosen und brillanten Flöten-Dialog, begleitet von beschwingten Tuttiklängen im Allegro, einem transparenten Pizzicato-Klangteppich im Largo und strahlend guter Laune im Presto. Nicht nur die Kontraste zwischen dem langsamen Satz und dem Finale waren spannungsreich und äußerst kurzweilig. Bei Georg Friedrich Händels Concerto Grosso G-Dur hatte die Blockflöte Pause. In dem Werk aus der berühmten Serie der Concerti Grossi op.6 präsentierten die Streicher fein verwobene Instrumentalstimmen, mitreißende Rhythmik und schöne Melodiebögen.

Italienische Einflüsse
in Händels Musik

Obwohl Händel seit fast 20 Jahren in London lebte, als er das Werk komponierte, wurden italienische Einflüsse in Händels Musik deutlich hörbar. Mit dem Flötenkonzert G-Dur (RV 443), dem bekanntesten der drei reinen Flötenkonzerte von Antonio Vivaldi, zeigte sich Stefan Temmingh zum Abschluss als Meister der schnellen Töne und virtuosen Läufe. Er bewies, dass die Sopran-Blockflöte, das unscheinbare, oft unterschätzte Instrument, fast alles kann und so wandlungsfähig ist, wie die menschliche Stimme.

Im wunderschön verträumten Largo wurde das gesangliche Thema von einem sphärischen Streicherteppich unterlegt. Vivaldis schlicht gebaute Linien spielte Temmingh ebenso frisch und virtuos wie die zahlreichen Verzierungen. Beim leidenschaftlich rasanten Allegro molto, mit hervorragender Cembalo-Begleitung durch Wiebke Weidanz, ließ er die Blockflöte faszinierend strahlen und funkeln.

Das begeisterte Publikum spendete langanhaltenden Applaus und bekam noch einmal den vierten Satz aus Telemanns Doppelkonzert, in dem der Komponist die ältere Blockflöte mit der damals recht modernen Querflöte kombinierte und Anklänge schlesischer Volksmusik verarbeitete.

(lig)