Der erste Tag mit Rubens
Am Dienstag war die Rubens-Schau im Von der Heydt-Museum erstmals für Publikum geöffnet. Die meisten Besucher zeigten sich von den barocken Werken sehr angetan.
Wuppertal. Zugegeben, ohne gewisse Vorbehalte hat sich Helen Gardi nicht von ihrer Freundin Gisela Biermann in die Rubens-Ausstellung locken lassen. „Sie müssen wissen, wir sind zwei überzeugte Protestantinnen“, erklärt die 91-jährige Gisela Biermann augenzwinkernd. Mit der barocken Leibesfülle der Rubens-Damen konnte ihre Schweizer Freundin Helen Gardi deshalb bisher nicht viel anfangen. Nun aber steht die 78-Jährige begeistert vor dem Porträt des Marquis de Legamés. „Diese Technik ist unglaublich“, schwärmt sie.
Die Ausstellung im Von der Heydt-Museum, die am Dienstag erstmals für die Öffentlichkeit zu sehen war, hat ihr Bild von Rubens grundlegend geändert. „Für mich war Rubens immer der Maler mit den schwülstigen Fleischbergen. Aber hier habe ich begriffen, dass vor dem Hintergrund der Gegenreform auch in der Kunst etwas Gewaltiges her musste.“
In den fast fünfzig Jahren ihrer Freundschaft haben die Elberfelderin Biermann und ihre Schweizer Freundin schon viele Ausstellungen gemeinsam besucht — für den 10-jährigen José und seine Cousine Fiona (14) hingegen ist Rubens die erste. Neugierig laufen die Kinder von Bild zu Bild und stecken tuschelnd die Köpfe zusammen. Ein zwei Meter großes Selbstporträt des Künstlers hat es José besonders angetan. So wie Rubens würde er auch gerne malen können, erklärt der Junge. Seine Tante Suzanna Salmen findet es wichtig, die Kinder an Kunst heranzuführen. Scherzhaft nennt sie einen weiteren Grund, der sie in die Ausstellung geführt habe: Wie Rubens sei sie selbst in Siegen geboren.
Veronika Weber, Geschichtslehrerin, beim Blick auf die Rubens-Bilder im Von der Heydt-Museum.
Viele Besucher sind von Rubens malerischen Fähigkeiten beeindruckt. Insbesondere die Leuchtkraft der Farben und die filigrane Darstellung von Details begeistern. „Die Bilder sind fast schon fotografisch. Ob irgendwer heute noch so malen kann?“, fragt die Geschichtslehrerin Veronika Weber und betrachtet nachdenklich die Gemälde an der Wand.
Als Historikerin findet sie es spannend, dass die Ausstellung nicht nur den Künstler Rubens, sondern auch den Politiker und Diplomaten vorstellt. Rubens dramatische Darstellung religiöser Motive erscheint ihr hingegen aus der heutigen Sicht fast schon befremdlich: „Wenn ich den entrückten Ausdruck auf den Gesichtern der Figuren sehe, muss ich ein wenig schmunzeln.“
Vor einem Gemälde einer Wildschweinjagd haben indes die Schwestern Antonia und Felicitas Platz genommen. Konzentriert betrachtet Felicitas (17) das Bild. Später will sie Kunst studieren und hat daher Vater und Schwester zu einem Besuch der Ausstellung überredet. Es lohnte sich — denn nicht nur sie stellte am Dienstag fest: Von Rubens kann man jede Menge lernen.