Der literarische Cocktail schmeckt
In der Buchhandlung Mackensen am Laurentiusplatz weckte das Duo „Gin & Fizz“ die Lust am Lesen.
Elberfeld. Dass 70 Jahre NRW mit dem 70-jährigen Bestehen der Buchhandlung Mackensen zusammenfällt und er selbst diesen Hort der Lesekultur vor 25 Jahren übernommen hatte, inspirierte Michael Kozinowski, das „symbiotische Leseduo Gin & Fizz“ einzuladen. Das sollte am Freitagabend im Rahmen von Wuppertal 24 Stunden live die Lust am Lesen und am Buch wecken und vertiefen. Die 63 Stühle, die in der Buchhandlung gegenüber dem Laurentiusplatz aufgestellt worden waren, reichten kaum aus, um die Zuhörer des vergnüglichen Abends zu fassen.
Der laue Spätsommer lud nicht nur zum Flanieren und Nutzen der zahlreichen Angebote, sondern auch zum Zuhören ein. Die Wuppertaler Künstler und Entertainer Detlef Bach und Andy Dino Iussa bilden das Duo Gin & Fizz und hatten eigens für den Abend bei Mackensen ein neues Programm geschrieben — übrigens das 43., sind doch beide ein auf vielen Kleinbühnen gefragtes Duett. Mit Wortwitz und Humor, Gesellschaftskritik und manchmal auch Blödeln ziehen sie auf hohem Niveau die Zuhörer in ihren Bann. „Lesen gefährdet Ihre Dummheit“, war „Gins“ Meinung, und „Fizz“ sah Bücher sogar als so gefährlich an, dass sie grundsätzlich mit einem Schutzumschlag zu versehen seien.
Beim kritischen Blick über die Regale wurde ausgemacht, dass es da ein buntes Durcheinader gäbe. „Warum sortieren Sie die Bücher nicht nach Farben, etwa nach der Farbe der Saison?“, wurde Michael Kozinowski gefragt, was der gelassen konterte: Es gebe in Köln-Nippes „blaue Bücherabende“, er würde aber weiterhin die herkömmliche Methode des Ordnens nach Sachgebieten bevorzugen.
Werden eigentlich sämtliche Bücher angeboten? Auch diese Frage ging an den Buchhändler, der gestehen musste, dass Thilo Sarrazin, der Schöpfer von „Deutschland schafft sich ab“ nicht unbedingt zu seinen Lieblingsautoren zähle und deshalb nicht gerade aggressiv beworben würde. Eigentlich sollte jedes Buch jedem zugänglich sein, ist die These der Buchhändler, doch bei Akif Pirincci, der amüsante Katzenkrimis geschrieben hat, wurde nach dessen rassistischen Entgleisungen eine Ausnahme gemacht. „Da war sich der Buchhandel einig, dessen Bücher nicht mehr anzubieten“, so Kozinowski, dessen Befürchtungen bei der Neuauflage von „Mein Kampf“ nicht bestätigt wurden. „Lehrer, Geistliche und Historiker waren interessiert, keine Neonazis.“
Kurze ernste Ausflüge, und dann deklamierte Detlef Bach einen Text mit hochtrabendem Inhalt, der aber schnell als der Beipackzettel seiner Duschcreme identifiziert wurde. Bemerkenswerte Vorschläge für die Gestaltung von Buchtexten hatte Andy Dino Iussa, Chef der Langerfelder Bandfabrik, auf Lager: „Ästhetik der Schrift, des Zeilenabstandes. Das Auge liest mit“, war seine These, ehe beide zu der Ansicht gelangten, dass man „den Literaten ihre Werke in den Rachen stopfen“ müsse. Zur Illustration rissen beide Seiten aus ihren Büchern, steckten sie in den Mund, kauten und verschluckten sie. Esspapier, natürlich, doch Iussa hatte einmal daneben gegriffen und eine Seite schwer verdaulicher Literatur erwischt. Zum Gaudium des Publikums kaute er eher lustlos darauf herum. Es hieß ja auch „Lust am Lesen“, Lust am Essen vermitteln bekanntlich Kochbücher.
„Sehr unterhaltsam war es“, lobte die literarisch interessierte Zuhörerin Petra Schneider, und Franz Josef Merten stieß ins gleiche Horn: „Es hat Spaß gemacht.“