Der neue Uni-Rektor will die Wirtschaft in die Pflicht nehmen
WZ-Interview: Der künftige Uni-Rektor, Lambert T. Koch, plant neue Studienangebote und pflegt hervorragende Kontakte zur Wuppertaler Wirtschaft.
Wuppertal. Herr Koch, es dauert noch fast ein halbes Jahr, bis Sie Ihr Amt als neuer Uni-Rektor antreten, aber schon jetzt gelten Sie als Heilsbringer, als Messias für alles, was mit Wirtschaft und Wissenschaft zu tun hat. Baut das nicht einen Erwartungsdruck auf, dem Sie gar nicht gerecht werden können?
Lambert T. Koch: Ein Messias bin ich bestimmt nicht. Ich bin auch gar nicht sicher, ob der Druck wirklich so groß ist. Gerade in Bezug auf die Vernetzung von bergischer Wirtschaft und Universität gibt es schon viel Positives, auf dem wir aufbauen können, das wir weiterentwickeln werden.
Sie haben sich als Wirtschaftsprofessor innerhalb weniger Jahre hervorragende Kontakte in die Wirtschaft aufgebaut.
Koch: Und das geschah völlig unproblematisch. Mit den bergischen Unternehmern kann man gut kommunizieren. Sie pflegen ein offenes Verhältnis. Dennoch glaube ich, dass wir wechselseitig noch zu wenig über unsere jeweiligen Profile wissen. Das ist eine Frage der Kommunikation - und die gilt es in der Tat auszubauen.
Miteinander geredet wurde immer schon viel, an der Umsetzung haperte es hingegen meistens.
Koch: Sicher, das ist ein Phänomen dieser Region. Aber zunehmend bewegt sich auch etwas. Über den Döppersberg beispielsweise wird nicht länger nur geredet, jetzt wird das Projekt tatsächlich realisiert. Zudem sind eine Reihe funktionierender Netzwerke entstanden. Überhaupt bleibt uns nichts anderes übrig, als noch mehr in Clustern zu denken, schon um die Region überlebensfähig zu halten und sie auf mittlere Sicht unabhängig von öffentlichen Fördertöpfen zu machen. Bei der Clusterbildung spielen Universitäten allgemein eine entscheidende Rolle.
Welche Cluster schweben Ihnen da so vor?
Koch: Zum Beispiel verfügen wir im Bergischen über viel Kompetenz und Arbeitsplätze im Cluster "Gesundheit, Medizintechnik und Pharmazie". Die Gesundheitsbranche ist eine Stärke der Region, in der zudem zwei der größten Krankenkassen ihren Hauptsitz haben. Und Gesundheit besetzt den unterrepräsentierten Dienstleistungsbereich. Hier könnte auch die Universität ihren Beitrag leisten.
Sie wollen doch wohl keine medizinische Fakultät aufbauen?
Koch: Das sieht die Landespolitik sicherlich nicht vor. Aber wir könnten Gesundheitsökonomen beziehungsweise Manager im Gesundheitswesen ausbilden. In Führungspositionen geht es doch immer mehr um Schnittstellenkompetenz. Ein interdisziplinärer Studiengang Gesundheitsökonomie mit der entsprechenden Vernetzung zu den Arbeitgerbern der Region - das würde funktionieren. Und das ist, wie gesagt, nur ein Beispiel für viele mögliche Beiträge der Universität zur Regionalentwicklung.
Lambert T. Koch über die Zielvereinbarung mit dem Land
Die Universität hat eine Zielvereinbarung bis 2010 mit dem Land geschlossen. Darin bleibt keine Luft für neue Studiengänge.
Koch: 2010 ist schnell erreicht, wir müssen darüber hinaus denken. Und dabei geht es längst nicht mehr nur um Lehramtsstudiengänge, die sicherlich auch wichtig für die bergische Universität sind. Nein, es geht um vorausschauende Antworten unserer Hochschule auf gesamtgesellschaftliche Problemstellungen der modernen Wissensgesellschaft. Dabei müssen wir aktuelle Entwicklungen der Berufs- und Arbeitswelt einbeziehen. So fordert die Region einerseits Ingenieure. Andererseits wird unser herausragendes Angebot in diesem Bereich nicht ausreichend abgefragt.
Den Ingenieurs-Studiengängen fehlen die Studenten.
Koch: Genau - und das trotz idealer Studienbedingungen.
Kann das vielleicht auch daran liegen, dass der Studienstandort nicht so attraktiv ist - im Vergleich zu benachbarten Großstädten?
Koch: Man kann den Wettbewerb nicht wegdiskutieren. Wir befinden uns bei unseren technik-orientierten Angeboten in der Zange zwischen Aachen und Dortmund. Aber unser Einzugsgebiet schafft auch eine regionale Nachfrage. Darüber hinaus haben wir herausragende Alleinstellungsmerkmale, wie etwa in der Sicherheitstechnik oder Umwelttechnologie - und nicht zuletzt eine hervorragende Betreuungssituation.
Dann müssten Sie doch eigentlich nicht nur in den Geisteswissenschaften überrannt werden?
Koch: Auch da hapert es eben an der Kommunikation. Diese Universität tritt nicht geschlossen genug auf. Sie braucht ein eigenes, klar erkennbares Profil, das alle Fächer einschließt, hinter dem alle stehen. Große, erfolgreiche Universitäten werden als Einheit wahrgenommen. Bei der Identifikation mit der Bergischen Uni gibt es - vorsichtig gesagt - noch Optimierungsbedarf.
Das ist die Aufgabe der Universitätsleitung.
Koch: Ja.
Die Sie noch weiter ausbauen wollen.
Koch: Es wird ein viertes Prorektorat für Transfer und Internationales geben. Damit bauen wir keinen Verwaltungs-Wasserkopf auf, sondern werden den großen Zukunftsaufgaben der Universität gerecht: Kooperation in der Region sowie internationale Ausrichtung - als zwei Seiten einer Medaille.
Was erwarten Sie umgekehrt von der Wirtschaft?
Koch: Dass sie wahrnimmt, wie viele hervorragende Studienangebote es gibt, dass sie uns bei der Vermarktung der Studienplätze hilft, dass unsere guten Studierenden und Absolventen eine gewichtige Rolle bei den Personalentscheidungen spielen.
Ihr Vorgänger Volker Ronge sieht es als persönlichen Erfolg an, die Selbstständigkeit der Universität gesichert zu haben. Ist das auch Ihr großes Ziel?
Koch: Selbstständigkeit um der Selbstständigkeit willen, ist ja kein Ziel. Sie gibt es nicht umsonst und stellt hohe Anforderungen an uns alle. Die Selbstständigkeit der Bergischen Universität bleibt natürlich auch für mich ein Ziel - unter der Bedingung, dass wir die Qualität des Lehr- und Forschungsbetriebs verbessern. Das schließt Kooperationen nicht aus. Im Gegenteil, Bündnisse mit anderen Bildungseinrichtungen befördern eher die Selbstständigkeit der Uni.
Jetzt haben Sie die Chance: Wünschen Sie sich ein Antrittsgeschenk von der Stadt.
Koch: Vielleicht, dass sie Universitätsstadt Wuppertal auf ihre Ortsschilder schreibt. Das wäre immerhin ein Anfang, Wuppertal als Wissensstadt überhaupt wahrnehmbarer zu machen; und da sind ja neben der Hochschule noch andere Einrichtungen - nicht zuletzt bald eine eigene Kinderuni. Wenn dann noch alle an einem Strang ziehen und den Standort attraktiver gestalten und mehr Studierende und Professoren ihren Wohnsitz nach Wuppertal verlegten, würde ich mich sehr freuen.
Herr Koch, vielen Dank für das Gespräch.