Der Ölberg feiert seine Vielfalt
Bei sommerlichen Temperaturen lockte das Fest in der Nordstadt viele tausend Besucher an.
Ölberg. Um zwölf Uhr mittags packt Susanne Fischer noch die letzten Leckerbissen in ihren weißen Wäschekorb. Bis an den Rand ist der gefüllt. Nicht Socken, Hemden oder Röcke schauen durch die kleinen Luftlöcher des Kunststoffbehälters, sondern Scherzkekse, Kichererbsen und Pustekuchen, die sich allesamt unter dem Motto „Ironisches Gebäck“ zusammenfassen lassen.
„Ich möchte heute lustigen Kuchen und Kekse an meine Nachbarn und die Besucher des Festes verschenken. Mir geht es nicht ums Geld, sondern darum, ins Gespräch zu kommen“, sagt die Teilnehmerin des Ölbergfestes. Um Punkt 15 Uhr geht es am Samstag los auf dem Ölberg. Die Sonne wärmt die Umgebung. Das Wetter spielt in diesem Jahr mit — was im Mai keine Selbstverständlichkeit ist. „Bestes Wetter, um mit Freunden und den Anwohnern den Tag genießen zu können“, sagt Thomas Meier lächelnd, der sich an den Ständen in der Marienstraße vorbei schlängelt.
Schon jetzt ziehen Menschenmassen durch die Straßen. Insgesamt locken 120 Stände und elf Tanzflächen. Darunter vier große Bühnen mit Live-Musik. Die Marienstraße selbst ist die Hauptschlagader — ein Sammelpunkt einer multikulturellen Gesellschaft. Es gibt zahlreiche türkische Spezialitäten, vegane Gerichte, Mitmach-Aktionen und einen Stand, der sich für die Erhaltung des Autonomen Zentrums an der Gathe stark macht.
„Drüben, in der Nähe vom Otto-Böhne-Platz gibt es eine Ruhe-Zone“, sagen zwei Teenager, die es sich am Rande des Treibens auf der Straße bequem gemacht haben. Dort warten Frank Siebel und Anja Klinke, die einen Blick hinter die Fassade des Altbaus gewähren. Es geht direkt in den verwilderten Garten der beiden an einen großen runden Tisch.
„Ich finde es interessant und spannend — wir alle kennen uns gar nicht und fangen einfach an, uns zu unterhalten. Dabei werden die unterschiedlichsten Themen aufgeworfen“, erzählt Anja Klinke. Die fremden Besucher um sie herum nicken zustimmend. Eine von ihnen ist Anke Walter: „Ich wollte kurz eine Pause machen und bin hier gelandet. Es ist wirklich schön.“
70 Kilogramm Reis und 50 Arbeitsstunden am Herd ergeben den „Saftig & Satt“-Stand von Mizgin Ekmen. Dort werden von drei fleißigen Helfern frisch gepresste Säfte und kurdisch angehauchte Gerichte verkauft. „Gedanken hatte ich mir schon vor Monaten gemacht“, verrät die Bewohnerin des Hauses Nr. 73 in der Marienstraße. Heute, Monate später, sei sie dennoch von der Resonanz überwältigt: „Es ist super cool. Die Leute sind nett und feiern die Rezepte. Wir hatten bisher keine Minute frei.“
Ähnlich ergeht es nicht weit davon entfernt Susanne Fischer. „Tausche Kuchen gegen Witz“ lautet nun das Konzept ihres Standes, das voll in Schwarze trifft. „Ich habe schon viele unterschiedliche Witze gehört - natürlich waren einige versaut“, schmunzelt sie, während schon die nächste lustige Geschichte auf ihren Auftritt wartet.
Am Abend kommen dann auch die Nachtschwärmer auf ihre Kosten. Aus unterschiedlichen Häusern dringen elektronische Klänge, die den letzten Akt einleiten und zum ausgelassenen Tanz zwischen Türschwelle und Hinterhof einladen.
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