Nachgehakt Der schwarze Peter steckt beim Land NRW

Unternehmerverband und Stadt weisen Kritik wegen Häufung von Zeitverträgen zurück.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) übte jüngst Kritik an der Zunahme von Zeitverträgen.

Foto: dpa/Jan-Philipp Strobel

Der Deutsche Gewerkschaftsbund Wuppertal (DGB) hat kritisiert, dass 2018 fast jede zweite sozialversicherungspflichtige Neueinstellung in Wuppertal zeitlich befristet war (die WZ berichtete). Die Vereinigung Bergischer Unternehmerverbände e.V. (VBU) weist eine pauschale Kritik an Zeitverträgen zurück. Das Institut der deutschen Wirtschaft habe mit der Studie „Befristete Beschäftigung: Sprungbrett oder Sackgasse?“ bestätigt, dass Befristungen ein integraler und unverzichtbarer Bestandteil des Arbeitsmarktes seien. Speziell für Arbeitnehmer mit Defiziten würden so neue Beschäftigungsmöglichkeiten geschaffen.

 Schon im ersten Jahr nach Aufnahme einer befristeten Beschäftigung könne ein nennenswerter Übergang in unbefristete Beschäftigung festgestellt werden (38 Prozent), nach drei Jahren seien es bereits 56 Prozent. „Nach drei Jahren sind damit deutlich mehr Personen in unbefristete Beschäftigung gewechselt als in befristeter Beschäftigung geblieben“, heißt es in einer Mitteilung des VBU. Würden Befristungen eingeschränkt, könne nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Arbeitskräftenachfrage zugunsten unbefristeter Beschäftigung verschiebt. Vielmehr sei zu erwarten, dass die Dynamik der Übergänge aus und in Beschäftigung zurückgeht. Den Einsatz befristeter Arbeitsverträge in Unternehmen zu begrenzen, wie von der Bundesregierung geplant, sei gerade in konjunkturell unsicheren Zeiten kontraproduktiv. Befristete Arbeitsverträge erleichterten es den Unternehmen, auch in unsicheren Zeiten Stellen zu schaffen, so der VBU.

VBU: Befristung hilft, Mitarbeiter besser zu beurteilen

Zudem lasse sich während der zwei Jahre, für die sachgrundlose Befristungen derzeit zulässig sind, die Eignung eines neuen Mitarbeiters besser beurteilen. Weiterhin werde mit längeren Befristungsmöglichkeiten die Beschäftigung bei Unternehmensgründungen gefördert. Gleiches gelte für die Einstellung älterer Arbeitnehmer, die zuvor beschäftigungslos waren.

Die Vereinigung Bergischer Unternehmerverbände weist darauf hin, dass der überwiegende Anteil (77 Prozent) der zeitlich befristeten Arbeitsverträge im Bereich Erziehung und Unterricht zu finden ist. „Dahinter verbergen sich öffentliche Arbeitgeber (z.B. im Wissenschaftsbereich), die zudem noch per Spezialgesetz über besondere Privilegien verfügen. Hier sollte man zunächst den Hebel ansetzen, bevor man undifferenziert für die gesamte Wirtschaft von einem Trend zum Zeitvertrag spricht“, sagt Jürgen Steidel vom VBU.

Bei der Stadt gibt es Zeitverträge nur noch in Ausnahmefällen

Sozialdezernent Stefan Kühn weist darauf hin, dass die Stadt seit einigen Jahren bei der Einstellung von Erziehern und Sozialarbeitern bis auf Ausnahmen für Elternzeitvertretung oder bei Langzeiterkrankungen nur noch unbefristete Arbeitsverträge abschließt. Das sei aufgrund des großen Personalmangels bei den Erziehern nicht nur im Interesse der Arbeitnehmer, sondern auch im Sinne der Stadt. In der Sozialarbeit seien auch ältere und erfahrene Mitarbeiter erforderlich, die man mit befristeten Verträgen nicht gewinnen könne.

Zeitlich befristete Förderprogramme wie „Gute Schule 2020“ oder „Soziale Stadt“ erfordern oft zusätzlichen Arbeitsaufwand für Stadt und Gebäudemanagement (GMW). Damit die Fördergelder von EU, Bund und Land NRW nicht verfallen, müssen Aufgaben umverteilt werden, aber die Personaldecke ist dünn. „Das GMW stellt zum Beispiel projektbezogen ein, aber seit Jahren unbefristet, denn im Anschluss an das Projekt warten genügend andere Aufgaben“, sagt Stadtsprecherin Martina Eckermann. Die Stadt könne es sich aufgrund des Personalmangels gar nicht leisten, Mitarbeiter nach zwei oder drei Jahren wieder aus einem Zeitvertrag zu entlassen. Zudem würden aktuell bis auf wenige Ausnahmen alle Auszubildenden übernommen. „Die Problematik Zeitverträge betrifft weniger die Stadt als das Land und dort insbesondere die Hochschulen“, sagt Dezernent Stefan Kühn.