60 Minuten vor Ort Der Wuppertaler Laurentiusplatz, eine Oase
Wuppertal · Ob mit einem Eis, Kaffee oder einem Buch – im Herzen Elberfelds genießen die Wuppertaler das Leben.
Laurentiusplatz, Montag, 14 Uhr. Ein Buch liegt auf ihrem Schoß, neben ihr steht ein Kaffeebecher: „Das hier ist meine Oase“, sagt Lara Oswald, die in der Sonne am Laurentius
platz sitzt. Es ist ihre Pause. „Ich bin dreifache Mama und heute ohne Kind unterwegs. Da setze ich mich gerne mit Kaffee und Buch auf die Bänke“, erzählt sie. Der Platz, der habe etwas. Er sei ein Ort, an dem sie meistens eine Freundin trifft. „Mich wundert, dass ich sie noch nicht gesehen habe“, sagt sie lachend. Ob Sonne, ob Schatten – ihr „Lauri“, wie sie den Platz nennt, habe alles, was man braucht. „Ich würde ihn nicht missen wollen.“
Eigentlich, so sagt sie, würde man meinen, dass der Rathausvorplatz, der Neumarkt, Dreh- und Angelpunkt sei. „Aber da setze ich mich nicht so gerne hin, der ist nicht so ästhetisch“, sagt Oswald. Und am Laurentius
platz könnten auch ihre Kinder spielen, in einem geschützten Rahmen ohne Autos. „Das hat hier mehr Klasse als in der Innenstadt.“
Petra Klawonn sitzt mit Ingrid Mombartz und Levi auf den Bänken unter den Bäumen. In ihren Eisbechern ist Erdbeer- und Cookie-Eis. „Ich habe heute Gäste aus Düsseldorf hier. Wir sind eben Schwebebahn gefahren“, erzählt Petra Klawonn. „Das machen wir jedes Jahr in den Ferien“, ergänzt Ingrid Mombartz. Sehr zur Freude von Levi. Die Stationen begeistern ihn – und das, was danach kommt: das Eis. Vorher waren sie noch in der Stadtbibliothek, haben für Levi ein Buch über Stop-Motion ausgeliehen. „Ich will nämlich Filmemacher werden“, sagt Levi stolz.
Nicht weit von dem Trio entfernt sitzen Hendrik Herpertz und Nicole Ernst. Es ist ihr zweites Treffen. „Wir haben uns nach einiger Zeit im Barmer Bahnhof wiedergetroffen“, berichtet Hendrik Herpertz. Am Morgen waren sie frühstücken, dann spazieren. „Ich wohne im Briller Viertel und finde die Ecke hier ganz schön. Ich fühle mich wohl“, sagt er. Und auch Nicole Ernst ist gerne am Laurentiusplatz: „Ich komme aus Barmen und bin mit dem Fahrrad über die Trasse schnell hier.“
Während die einen relaxen und die Sonne genießen, müssen die anderen arbeiten. Bei den Gastronomen ist bei dem Wetter alle Hände voll zu tun. „Wir sind im Stress“, lautet es im Restaurant und die WZ wird weggeschickt. Dimitra Kessare, Inhaberin des Mandoliti, das „Eiscafé am Laurentiusplatz“, macht gerade Mittagspause – natürlich mit einem Eis in der Hand. „Wir sind hier sehr zufrieden“, sagt sie. „Es ist nett hier.“ Über das Publikum könne sie nur Gutes sagen. Seitdem die Straße vor dem Café eine Fußgängerzone ist und es mehr Plätze gibt, gibt es noch mehr zu tun. Wenn es draußen heiß ist, wird es stressig, weiß sie aus Erfahrung. „Dann wollen alle so schnell wie möglich bedient werden. Manche sind ungeduldig.“ Sie kennt den Personalmangel, den viele Branchen umtreibt. Dann ist das Personal im Urlaub oder krank, will nicht abends oder am Wochenende arbeiten. Das sagt sie, während sie dennoch ein Lächeln im Gesicht trägt. Gute Laune scheint bei ihr einfach dazuzugehören. „Erzähl mal, was für eine tolle Chefin ich bin“, ruft sie ihrer Kollegin Chira Miko zu und lacht laut.
Das Team – wie eine Familie, sagt Kessare. Morgens um 7 Uhr geht die Arbeit in dem Familienbetrieb los. Der Sohn werkelt manchmal noch bis 2 oder 3 Uhr nachts. Ein 14-Stunden-Tag, keine Seltenheit. Das Eis wird hier selbstgemacht, sagt Dimitra Kessare und winkt die WZ gleich mit sich. „Schauen Sie sich gerne mal unser Eislabor an.“
Hinten im Eislabor steht der Kollege zwischen Rührschüsseln, Regalen voller Eispaste, Gefriertruhen und einem Rührgerät. Seinen Namen möchte der gelernte Schlosser nicht nennen. „Hier wird das Eis angerührt, wie der Maurer das mit seinem Zement macht“, erzählt er dennoch. 15 Minuten dauerte es, bis das Eis fertig angerührt ist, dann kommt es in den Tiefkühler. „Jeden Tag produziere ich Eis. Ich habe schon überlegt, die Maschine umzupolen, damit sie sich mal rechts rum dreht“, sagt er lachend. Mit dem Spachtel nimmt er das Cheesecake-Eis ab, das aus der Rührmaschine kommt. Tortenboden-Brösel kommen oben drauf. Es wird mit Sicherheit den nächsten Gästen schmecken, die schon auf dem Laurentiusplatz Platz genommen haben.