„Ein historischer Erfolg für das Recht

Organisationen von Lesben- und Schwulen freuen sich über Entscheidung zur Einführung der Ehe für alle. Einen Ansturm auf das Standesamt erwartet die Stadt aber nicht.

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Wuppertal. Mit einem Konfettiregen ist in der vergangenen Woche die Einführung der sogenannten Ehe für alle im Bundestag begrüßt worden: Homosexuelle Paare erhalten nun auch in Fragen des Adoptionsrechts dieselben Rechte wie heterosexuelle. Nach der Einführung der eingetragenen Lebenspartnerschaft ist es für die Vertreter der Lesben-, Schwulen-, Bisexuellen- und Transgenderbewegung der letzte Schritt zur Gleichstellung und Schaffung von mehr Akzeptanz in der Öffentlichkeit.

Für Anne Simon, Vorstand des Wuppertaler Vereins Wupperpride, ist der Beschluss des Bundestages eine wichtige „rechtliche Entscheidung mit hohem Symbolgehalt“. Nach ihren Angaben dürften etwa fünf bis zehn Prozent der in Wuppertal lebenden Menschen schwul oder lesbisch sein - das wären immerhin bis zu 35 000 Bürger, für die das neue Gesetz wichtig ist.

Mit einem Ansturm auf das städtische Standesamt rechnet Simon aber nicht. „Ich glaube nicht, dass jetzt mehr homosexuelle Paare das Aufgebot bestellen“, erklärt sie. Für Menschen, die in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung lebten, sei die Entscheidung des Bundestages ein Schritt zur „öffentlichen Anerkennung“ und mehr Rechtssicherheit. Die Ehe mit all ihren Rechten und Pflichten gelte nun sowohl für hetero- wie für homosexuelle Paare.

Auch bei der Stadtverwaltung erwartet man nach jetzigem Stand kein deutlich erhöhtes Aufkommen bei den Anmeldungen für homosexuelle Paare. Zudem müsse die Verwaltung noch abwarten, wie die Regelungen und Ausführungsbestimmungen für das neue Gesetz aussehen, sagt die Sprecherin der Stadtverwaltung, Martina Eckermann.

Geklärt werden müsse etwa, inwieweit es möglich ist, bereits bestehende Lebenspartnerschaft zu einer Ehe nachzubeurkunden. Das Gesetz sieht eine entsprechende Möglichkeit zum „Opt-in“ vor. Neueintragungen von Lebenspartnerschaften soll es jedenfalls laut dem Gesetz künftig nicht mehr geben, für homosexuelle Paare, die heiraten wollen, gilt die „Ehe für alle“.

Bislang gibt es in Wuppertal 452 eingetragene gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften. Auch wenn die Ehe für alle per Gesetz eingeführt wird, findet sie bei den christlichen Kirchen bislang verhaltenen Anklang. Immerhin hat die zweitgrößte evangelische Landeskirche in Deutschland - die Evangelische Kirche im Rheinland - auf ihrer Synode von 2016 die Möglichkeit zur Trauung für alle Paare eingeführt. Darin eingeschlossen ist auch der Eintrag ins Kirchenbuch.

Allerdings können sich Pfarrer und Gemeinden weigern, die Trauung von gleichgeschlechtlichen Paaren durchzuführen. In einem solchen Fall ist allerdings der Superintendent, also der höchste Repräsentant des evangelischen Kirchenkreises, verpflichtet, den Paaren einen Pfarrer zu vermitteln, der die Trauung durchführt. Im Bereich der westfälischen Landeskirche und der lippischen Landeskirche gibt es entsprechende Regelungen für gleichgeschlechtliche Paare bislang nicht.

Wenig überraschend dürfte zudem sein, dass die katholische Kirche die Ehe für alle mit Verweis auf die Schutzwürdigkeit der traditionellen Ehe - nach ihrem Verständnis also: Mann, Frau und Kind(er) - kategorisch ablehnt.

Anne Simon ist zuversichtlich, dass eine mögliche Organklage vor dem Bundesverfassungsgericht die Einführung der Ehe für alle verzögern, aber nicht verhindern kann. In der Vergangenheit habe das höchste deutsche Verfassungsgericht im Sinne der Gleichstellung homosexueller und heterosexueller Paare entschieden. „Das Gericht hat gezeigt, wohin die Reise geht.“ In der „mehr als überfälligen Bundestagsentscheidung“ sieht der Verein einen „historischen Erfolg für das Recht“.