Am 1. März ist sie 100 Jahre alt geworden Ein Rezept für 100 Jahre Leben hat die Wuppertalerin Lotte Hoß nicht
Wuppertal · Die geistig fitte Jubilarin verfolgt das Zeitgeschehen aufmerksam und erinnert sich an Zeiten, die schlechter waren.
„Es ist einfach so gekommen“, sagt Lotte Hoß, die am 1. März runde 100 Jahre alt geworden ist. „Ein besonderes Rezept dafür habe ich nicht“, erwidert sie auf die Frage nach einem Geheimnis für ihr langes Leben, das sie jetzt seit einigen Monaten im Evangelischen Altenzentrum Eich in Cronenberg verbringt.
Bis vor einiger Zeit hat sie in Haan gelebt, und dann wurde ihr Wunsch nach Betreuung und Nähe zu ihrer Familie immer stärker, zumal sie dort auch etliche Kilometer von ihren in Cronenberg lebenden Verwandten gewohnt hat. „Dann zieh doch am besten in unsere Nähe“, hatten ihr Sohn und ihre Schwiegertochter Brigitte Hoß ihr geraten und haben offenbar im Seniorenzentrum Eich genau das Richtige gefunden.
„Hier kümmert man sich gut um uns. Hier fühle ich mich wohl“, sagt die alte Dame, die bis vor einiger Zeit noch regelmäßig Gymnastikübungen absolviert hat, nun aber auf Rollstuhl und Rollator angewiesen ist, wenn sie zu den Gemeinschaftsräumen in ihrem neuen Heim möchte. „Dass das wieder einigermaßen klappt, habe ich unserem Physio Tobias zu verdanken. Ich war mal fies gestürzt und konnte nicht mehr laufen. Aber der Tobias hat mich wieder hingekriegt“, lobt sie den dienstbaren Geist. Und führt aus: „Hier wird einiges für uns gemacht. Zum Beispiel Liederabende“, berichtet Lotte Hoß aus ihrem Alltag. „Und die alten Texte habe ich noch intus“, meint sie, wie die geistig fitte Hundertjährige auch noch regelmäßig mittels Kopfhörer durch die Fernsehnachrichten am Zeitgeschehen teilnimmt.
„Die Neuigkeiten sind im Moment nicht so erfreulich“, meint Lotte Hoß bekümmert, „die vielen Kriege, und die Inflation frisst viel von unserem Geld. Und dann die vielen Streiks. Dieser Weselsky ist ein schrecklicher Kerl“, urteilt sie und bemängelt auch das Fehlen charismatischer Politiker. „Da weiß man nicht mehr, wen man wählen soll.“
Doch, wenn ihre Gedanken zurückgehen, dann fallen ihr viele Jahre ein, in denen es erheblich schlechter ging. „Um meine Jugend bin ich durch den Zweiten Weltkrieg betrogen worden. Und dann die Hungerjahre. Das war eine schlimme Zeit. Die, die heute meckern, wissen gar nicht, wie gut sie es trotz allem heute haben“, ist ihr Fazit und nimmt die Einschränkungen des Alters mit einiger Gelassenheit hin.
Dazu gehört auch das Problem mit dem Hörverlust, der auch ihrer Geburtstagsfeier („Wir haben hier einen Raum gemietet“, so Schwiegertochter Brigitte Hoß), zu der sich auch sechs Enkel und acht Urenkel (die Jüngste ist die sieben Monate alte Liyah) angesagt haben, gewisse Einschränkungen auferlegt.
„Gespräche von Angesicht zu Angesicht klappen ganz gut, aber wenn ich in einem geselligen Kreis sitze, bin ich leider isoliert“, ist die Erfahrung, die sie mit vielen schwerhörigen Menschen teilt. Was natürlich auch die Kommunikation zu den übrigen Heimbewohnern erschwert. Im Eich ist übrigens nur noch eine Bewohnerin älter als die Jubilarin, wie Dienststellenleiterin Sonja Mondri verrät.
Aber insgesamt fühlt Lotte Hoß sich gut versorgt, und dass ihre Schwiegertochter alle zwei Tage kommt und wegen der kurzen Entfernung zwischen deren Wohnung und dem Altenzentrum Cronenberg innerhalb weniger Minuten erreichbar ist, gibt der sympathischen Seniorin zusätzliche Sicherheit. Auch für die kommenden Jahre.