Ein üppiges Menü für Freunde der schönen Künste
Wuppertals Bühnen und Sinfonieorchester machten den Benefiz-Ball in der Stadthalle am Samstagabend zu einer kurzweiligen Leistungsschau der hohen Kultur.
Wuppertal. Im Rheinland gilt eine Veranstaltung als „Tradition“, wenn sie zum ersten Mal wiederholt wird. Der Rheinländer ist aber auch nicht nachtragend,wenn die zweite Ausgabe einer Serie auch die letzte ist. Die Wuppertaler sind anders. Deshalb mochte Peter Vaupel, der Vorsitzende des Vereins der Freunde und Förderer der Wuppertaler Bühnen, zu Beginn des 2. Balls der schönen Künste in der Stadthalle auch nicht von Tradition sprechen. Aber dass der Saal gefüllt war, es an den gedeckten Tischen keinen Platz mehr gab, nährt die Hoffnung, dass der Ball Tradition werden kann. Es wäre zum Vorteil der Bühnen, die von den Reingewinnen des Abends profitieren, vor allem aber wäre es zum Vorteil der Kulturfreunde in Wuppertal.
An keinem anderen Abend wird ihnen so kompakt und eindrücklich dargeboten, mit welcher Qualität die städtischen Bühnen und das Sinfonieorchester ihren Beitrag dazu leisten, dass das Kulturangebot Wuppertals einer Großstadt würdig ist. Und an keinem anderen Abend wird deutlicher, dass Wuppertal es sich nicht leisten darf und leisten kann, auf dieses Angebot hoher Kultur zu verzichten. Wenn das dann noch so mundgerecht und leicht verdaulich dargebracht wird, müsste auch dem letzten Zweifler klar werden, dass kaum vier Prozent Anteil am Gesamtetat der Stadt für Kultur inklusive Zoo und Volkshochschule eher skandalös zu wenig als auch nur einen Hauch zu viel sind.
Aber Kritiker waren freilich gar nicht anwesend. Wer den Ball der schönen Künste besucht, wer bereit ist, für eine Eintrittskarte tief in die Tasche zu greifen, der hat sich schon zu den Bühnen und den Musikern des Sinfonieorchesters bekannt. Und dafür wurde er am Samstag mit einem ebenso breiten, bunten wie schönen Programm belohnt. Dass Opernintendant Berthold Schneider für den Part seines Ensembles unter anderem „Die Fledermaus“ von Johann Strauß jun. ausgesucht hatte, war vermutlich auch mit einem kleinen Augenzwinkern geschehen. Denn die Hauptfigur der Oper ist vergnügungssüchtig, unnachgiebig, ohne jede Empathie für und Toleranz gegenüber Menschen, die seine Sicht der Dinge nicht uneingeschränkt teilen. Kein Schelm, der dabei an Donald Trump dachte.
Aber die Schwermut, die manchen beim Gedanken an den Egomanen im Oval Office hätte beschleichen können, wurde von Catrin Morison, Ralitsa Ralinova, Mark-Bowman-Hester, Sangmin Jeon Simon Stricker und dem Opernchor so leicht wie feurig weggesungen. Ebenso beeindruckend erinnerte Lena Vogt an die große, leider schon mit 27 Jahren verstorbene Janis Joplin, deren Bitte an Gott, ihr einen Mercedes Benz zu schenken, die vergangenen gut vier Jahrzehnte seit dem Tod der Sängerin staublos überstanden hat.
Die zweifellos gute Stimme von Julia Reznik und die Lieder von Kurt Weill werden hingegen wohl eher nicht mehr ziemlich beste Freunde. Dass Wuppertal nicht vergessen sollte, dass es neben den Bühnen kulturell auch auf eine Dependance der Musikhochschule Köln bauen kann, bewiesen deren Studenten Katharina Majorek, Carolin Wiens und Timo Deitz zu später Stunde mit zu Recht umjubelten Partien aus dem Musical-Programm „I’ll get a Kick out of You“.
Obendrein erinnerte die Formation der Tanzschule Schäfer mit einer leidenschaftlich-gewagten Tango-Show daran, dass ein funktionierendes Kulturangebot viele Pfeiler haben muss. In Wuppertal ist das so. Aus all diesen Gründen ist den Bühnenfreunden um Peter Vaupel zu wünschen, dass der Ball der schönen Künste auch nach Bergischen Maßstäben Tradition wird - womöglich nur gebrochen davon, dass nicht mehr nur alle zwei Jahre in die wunderbare Stadthalle gebeten wird, sondern jedes Jahr.