Eine Band als Therapie: „Real Life“ lässt Süchtige träumen
Uncle-Ho- Schlagzeuger Björn Krüger gibt Suchtkranken neue Perspektiven.
Arrenberg. Sie sind in ihrem Element. Lassen den Probenraum in der music institution an der Friedrich-Ebert-Straße beben. „I feel the love inside my burning heart“, singt Angy (50) mit einer rauchigen Stimme. Sie strahlt dabei. Dirk (47) löst sie mit einem E-Gitarren-Solo ab. Er holt alles aus dem Instrument raus, beugt sich nach vorne. Verzieht sein Gesicht, wenn er seine Riffs spielt. Klaus (50), mit der Elvis-Frisur, setzt ein und lässt seine Muntermonika erklingen.
Die Drei spielen zusammen in einer Band — einer Band für Suchtkranke. Einmal in der Woche treffen sie sich, musikzieren und verbringen Zeit miteinander.
Björn Krüger, Schlagzeuger der Band Uncle Ho, leitet das Musikprojekt der Caritas Wuppertal/Solingen und des Freundes- und Förderkreises Suchtkrankenhilfe.
Angy, Dirk, Klaus, Renée und Thomas müssen in ihrem Leben viele Krisen meistern. Sie sind alle schon lange arbeitslos und sind süchtig. „Durch das Projekt sind wir gerade aus der Talsohle raus“, sagt Thomas (51). Er ist spielsüchtig. Seine Familie weiß nichts von seiner Krankheit. „In den Hochzeiten habe ich die Sozialhilfe in den ersten drei Tagen im Monat verspielt. Das Projekt gibt mir wieder Halt“, erzählt der Bassist. Angy hat ihr Geld eine Zeit lang mit Straßenmusik verdient: „Seit dem ich 18 bin, rauche ich Haschisch. Das ist für mich wie das Salz in der Suppe.“
Sie lebten alle in der Isolation, hatten keinen Tagesrhythmus. „Unsere Klienten sollen durch das Projekt wieder an Selbstvertrauen gewinnen“, sagt die Sozialarbeiterin Gabi Krone.
Im Mai startete das Projekt. Zu Beginn coverten die Suchtkranken Songs — jetzt spielen sie schon eigene Kompositionen. Sie drücken ihre Probleme und ihren Ärger aus, vergessen während der Proben die Sucht.
Dirk hat ein eigenes Instrumentalstück komponiert — „Real Life“. „Das handelt vom Alltag. Was uns allen immer passiert.“, sagt der Gitarrist mit einer Stimme, die an Udo Lindenberg erinnert. „An dieser Stelle stelle ich mir vor ich sitze am See und träume von Sachen, die dann auf einmal real werden.“
Alle Beteiligten starren ins Leere und lächeln, als würden sie Dirk zustimmen. Die Musik ist jetzt ihr neuer Traum. „Das ist so ne Art Wiedergeburt unserer Jugendzeit“, sagt Thomas.
Im September endet das Projekt, weil die Spendengelder ausgehen. „Wir machen aber weiter“, sagt Klaus und alle stimmen zu.