Christian Hellmich-Schau: Die spannenden Seiten der Tristesse
Das Von der Heydt-Museum feiert den Maler Christian Hellmich. Kuratorin Beate Eickhoff kennt den (Hinter-)Grund.
Frau Eickhoff, jeder junge Maler möchte „museumsreif“ sei und wartet auf den Durchbruch. Für den Düsseldorf Christian Hellmich ist es nun in Wuppertal so weit: Das Von der Heydt-Museum feiert den 35-Jährigen mit seiner ersten großen Einzelschau. Was hat den Ausschlag gegeben, Hellmich in der Kunsthalle Barmen ein öffentliches Forum zu geben?
Beate Eickhoff: In der Museumssammlung befinden sich bereits seit längerer Zeit drei großformatige Gemälde von Christian Hellmich: Treppe III, Zelt und Markt. Wir haben sie in unterschiedlichen Zusammenhängen gezeigt. Damit ist sozusagen erprobt worden, inwieweit sie sich behaupten. Hellmich ist ein junger Künstler, der noch wenig publik ist, dessen Bilder noch nicht so häufig in Katalogen und Kunstmagazinen anzutreffen sind. Die großen Bilder aber machten viele Besucher und Fachleute neugierig. Sie fragten sich: „Was macht der denn sonst so? Wo steht er eigentlich? Woran orientiert er sich?“ Man sagt ja: Jede Gesellschaft bekommt die Kunst, die sie aus sich hervorbringt. Das heißt: Die Kunst hängt mit uns ganz aktuell zusammen. Die Frage ist also auch: Was sagt seine Kunst über den Zustand der Gesellschaft aus — über die Lage, in der wir uns befinden?
Sie haben die Ausstellung kuratiert. Was fasziniert Sie besonders an den Werken von Christian Hellmich?
Eickhoff: Die räumliche Wirkung, die er erzeugt, und diese energiegeladene Atmosphäre, die einen anlockt, die einem den Eintritt in seine Bilder aber auch zuerst mal gefährlich erscheinen lässt. Eigentlich widerstrebt mir ja, da einzutreten, weil es nicht mein „Sehnsuchtsort“ ist. Ich wünsche mich nicht da rein — nicht auf die Treppe, nicht in diese Architekturen, nicht in die Räume, wo ich unbekannten Wesen begegne. Trotzdem zieht es mich an. Es ist ein Schaudern. Dennoch hat man das Gefühl: Da treffe ich auf etwas mir Verwandtes. Dass man so in direkte Kommunikation tritt, auch wenn sie stumm ist, eher durch die Bewegung aufgebaut wird und sich in Richtungen, im sich Zuwenden, sich Beschäftigen äußert — das fasziniert mich.
Wie entsteht überhaupt eine solche Ausstellung? Hat der Künstler von vorneherein ein festes Konzept, hat das Museumsteam ein eigenes, gibt es insofern Kompromisse, oder nimmt die Präsentation erst im gegenseitigen Dialog Form an?
Eickhoff: Der Künstler hat in der Regel ein sehr festes Konzept und weiß sehr genau, was er wo hinhängen will. Meistens verändert sich das aber im Verlauf der „Hängung“. Der Kurator kennt die Räume einfach besser. Was ist eine gute Wand? Was fällt als erstes in den Blick? Wo werden besondere Details betont? Gerade die Kunsthalle ist ein spannendes räumliches Gefüge. Wenn man aus einem vollgestopften Künstleratelier kommt, fällt das Aussortieren manchmal schwer. Da müssen sozusagen neutrale Personen unterstützen. Insofern entsteht eine Ausstellung im Dialog.
Wie hat das Publikum bislang reagiert? Gibt es konkrete Rückmeldungen — oder gar Kaufabsichten?
Eickhoff: Das Publikum hat sehr positiv reagiert. Es gab schon eine ganze Reihe von Kaufinteressenten, aber die Kunsthalle ist natürlich keine Galerie. Was zu Diskussionen führt, ist die „Tristesse“, von der Hellmich selbst sagt, dass er sie mag. Sie ist ja ein Bestandteil unseres Alltags — vor allem, wenn man sich in Städten wie Wuppertal oder Essen oder auch Berlin bewegt. Aber in dieser Tristesse lässt er den Betrachter immer irgendetwas entdecken, das neugierig macht, das zum Verweilen einlädt.
Nach der Vernissage ist vor der Vernissage: Welche Ausstellung wird in der Kunsthalle als nächstes folgen?
Eickhoff: Die Ausstellung ab November, die wir „Liebe, Tod und Teufel“ betitelt haben, ist wieder eine Ausstellung mit mehreren internationalen Künstlern. Ein ganz außergewöhnlicher Sammler wird seine Werke in dem von ihm konzipierten Zusammenhang zeigen: Jean Mairet ist ein Sammler, der Kunst kauft, weil sie ihn existenziell berührt und beschäftigt — nicht, weil sie vielleicht im finanziellen Sinne viel Wert ist. Er rezipiert und präsentiert „seine“ Werke auf ganz persönliche Weise, wobei Humor ein ganz wichtiger Aspekt ist. Auch diesmal werden einige der Künstler, die beispielsweise in Frankreich sehr bekannt sind, für die Kunstszene hier und die weitere Museums-, Galerien- und Kunstvereinslandschaft eine Entdeckung sein. Ich persönlich freue mich sehr auf diese Ausstellung.
“ Beate Eickhoff ist Kunsthistorikerin und Mitarbeiterin des Wuppertaler Von der Heydt-Museums.