Wünsche, Hoffnungen oder Danksagungen Eine Klagemauer in Elberfeld gegen Missbrauch und Gewalt

Elberfeld · Die Klagemauer soll den Menschen einen Ort geben, an dem sie sich auf vielfältige Art und Weise kreativ mit dem Thema Missbrauch auseinandersetzen können.

Die Klagemauer auf dem Laurentiusplatz ist ein Hingucker. Kristina Eckart und Friederike füllten die Kartonwand bereits mit Farbe.

Foto: Fischer, Andreas H503840

Bei dem Wort Klagemauer denken viele wohl an jene in der Altstadt von Jerusalem. Es ist ein Ort,  an dem Menschen in Stille ihr Leid teilen, jedoch auch Wünsche, Hoffnungen oder Danksagungen aufschreiben und in die Ritzen und Spalten der Steinmauer schieben. Ganz nach diesem Vorbild stand nun auf dem Laurentiusplatz in Elberfeld eine Klagemauer, die sich vor allem, aber nicht nur, an die Opfer von Missbrauch in der Kirche richtet.

Die Klagemauer soll den Menschen einen Ort geben, an dem sie sich auf vielfältige Art und Weise kreativ mit dem Thema Missbrauch auseinandersetzen können. „Wo gehe ich mit meiner Wut und meiner Angst hin?“,  gibt Susanne Tillmann, Pastoralreferentin in der Psychiatrie- und Behindertenseelsorge, die Gedanken Betroffener wieder.

So gibt es hier einen Klagestein, also einen Faltkarton, verziert und dekoriert mit zerbrochenem Glas, mit Federn, Holz und eindringlichen dunklen Farben. In diesen Klagestein können Menschen ihre Botschaften werfen. „Den Klagestein kann man abschließen“, so Tillmann. So bleiben die Mitteilungen geheim. „Irgendwann verbrennen oder vergraben wir sie“, erzählt Tillmann weiter.

Auf dem sonnigen Laurentiusplatz hat das Organisationsteam, bestehend aus Dr. Werner Kleine, Pastoralreferent der katholischen Citykirche, Ute Geppert, Gemeindereferentin St. Antonius, und Patrizia Kraft, Genesungsbegleiterin der Bergischen Diakonie Aprath, Tische mit Mal- und Schreibutensilien aufgestellt. Pinsel, Farben, Wasser, Filzstifte, Buntstifte, Papier und natürlich Malkittel liegen bereit. „Es soll eine Plattform sein, wo sich die Leute auskotzen können“, bringt es Tillmann auf den Punkt.

Zunächst war ein Gottesdienst für die Missbrauchsopfer in der Kirche gedacht, jedoch wurde die Idee verworfen. „Wir dachten, dass ein Gottesdienst vielleicht nicht das richtige Format ist, man triggert die Menschen möglicherweise“, erzählt Dr. Werner Kleine.

Die Klagemauer auf dem Laurentiusplatz besteht aus alten und neuen Umzugskartons, auf denen bereits einige Menschen ihre teils drastischen Worte hinterlassen haben. Patrizia Kraft vom Organisationsteam und Initiatorin des Projekts findet dies genau richtig. Die Mauer sei da, damit die Menschen das loswerden können, was sie wollen. „Es ist ja auch ein Gefühl zu dem, was passiert ist, und das braucht auch Raum“, sagt sie. Dieser Raum sei hier mit der Klagemauer gegeben.

Sie selbst ist eine Missbrauchsüberlebende. Darum nahm sie im vergangenen Sommer Kontakt zum Pastoralreferenten Dr. Kleine auf, um gemeinsam zu überlegen, was für ein Zeichen man gegen den Missbrauch setzen könnte. „Es ist ein gesamtgesellschaftliches Problem“, so Kraft. „Wir wollen sensibilisieren, darauf aufmerksam machen und mit Menschen ins Gespräch kommen.“

Besonders beliebt seien bunte Farben, vor allem Wasserfarben, die verlaufen, so Ute Geppert. Auf den Faltkartons und auf Papier sind Menschen schon kreativ geworden. Rund zwanzig Passanten hätten bereits bei der Aktion mitgemacht. Über diese nonverbale Weise erhielten viele einen anderen Zugang zu dem Thema, so Kraft. „Es wird visualisiert, was man nicht in Worte fassen kann.“

Diese Visualisierung fällt auch den vorbeilaufenden Menschen auf. „Es ist ein Hingucker und das ist auch ein erster Schritt“, findet Geppert im Hinblick darauf, das etwa bei den Missbrauchsskandalen in der Kirche oft „weggeschaut“ wurde.

Das Organisationsteam zieht in Betracht, aus der Klagemauer eine Art Wanderausstellung zu machen, die durch alle Wuppertaler Stadtteile zieht.