Kunst Engels’ Zweifel zieren eine Hauswand

Wuppertal · Das erste von drei Engels-Bildnissen der Künstler Kolja Kunstreich und Martin Heuwold ist fertig.

Kolja Kunstreich und Martin Heuwold (v.l.) vor dem ersten von drei Engels-Bildern.

Foto: Fischer, Andreas H503840

In überdimensionaler Größe prangt der Sohn der Stadt zum Jubiläum auf einer Hauswand am Arrenberg. Es ist eine von drei Wuppertaler Fassaden, die von den Künstlern Martin Heuwold und Kolja Kunstreich gestaltet wurden. Mit der Idee des hauswandgroßen Bildnisses von Friedrich Engels haben sie sich mit ihrem Projekt „’Engels’ Weltbild“ am Engelsjahr 2020 beteiligt. Dabei spielen sie bewusst mit dem Begriff Engel.

Engels als Engel: Das Wandbild an der Senefelderstraße ist beeindruckende elf Meter hoch und zeigt einen Engel mit Flügeln, einem wallenden rosa Gewand und einer Blumengirlande in den Händen. Die Gesichtszüge vom Engel Engels tragen Bart und Binder. In ihrem „’Engels’ Weltbild“ visualisieren Heuwold und Kunstreich ihre künstlerisch-kritische Auseinandersetzung mit dem Religionsbild, der Moralvorstellung und Ideologie von Friedrich Engels. „Wir wollen den Betrachter in seiner idealisierten Vorstellung eines „Engels“ stören und ihn so zum Nachdenken bewegen. Die jeweiligen Zitate zu den Engels-Darstellungen sollen die Dialektik zu den entsprechenden bildlichen Aussage verstärken.“

Der junge Engels ist Thema ihres ersten Bildes, dessen Religionsbild durch ein strenges pietistisches Umfeld geprägt wurde. Seinen späteren Zweifeln an der Kirche wird durch das Zitat „Der Mensch macht die Religion, die Religion macht nicht den Menschen“ von 1844 Ausdruck verliehen. Daher rührt auch der Titel des Bildes „Zweifel“. Bewusst wurde eine niedlich und friedlich wirkende Darstellung gewählt und subtil pervertiert. „Wir glorifizieren Friedrich Engels und seine Verdienste, damit sein Gedankengut und seine Überzeugungen in unsere Wunschvorstellung von Gesellschaft hineinpassen“, so die Künstler. Wie der Abzug eines Glanzbildes wirkt das Wandgemälde. Dieser Effekt wird noch durch die grauweiße Umrandung unterstrichen, die dem Bild etwas Dreidimensionales gibt. Zu sehen ist es auf der Hauswand von Silke und Stephan Frischemeier. Diese liegt jedoch nicht zur Straße, sondern Richtung Garten und zur Wupper hin. Daher bietet eine Fahrt mit der Schwebebahn – wenn sie wieder in Betrieb ist – einen herrlichen Blick auf das Kunstwerk. „Wir wollten der Kunst Raum und Platz geben, damit die Künstler auch arbeiten können“, erklärt Frischemeier. Christoph Grothe. Der Projektgeschäftsführer von Engels 2020 ist begeistert. „So eine große Wandfläche hätten wir uns nicht erträumt.“

Rund zwei Wochen haben die Künstler für die Fertigstellung gebraucht. Das aufgestellte Gerüst an der rund 25 Meter hohen Wand diente als Raster, die Engels-Motive wurden mit Fassadenfarbe und Sprühlack aufgebracht. Auch am zweiten Bild wird bereits gearbeitet. Es entsteht in der Hünefeldstraße, trägt den Titel „Widerwärtigkeit“ und beschäftigt sich mit dem mittelalten Engels und seinen Moralvorstellungen. Der ältere Engels wird im dritten Bildnis mit dem Titel „Gestalt“ thematisiert und entsteht an der Uellendahler Straße an der „Cotton Factory“. „Wenn alle drei Bildnisse fertiggestellt sind, planen wir eine Radtour zur Besichtigung“, so Grothe. Für ihn ist das Projekt eine gelungene Zusammenarbeit von Stadt, Künstlern und Bewohnern. „Wir freuen uns, dass die Künstler auf uns zugekommen sind und wir auch die Unterstützung seitens der Wuppertaler haben.“