Eindrücke Wie unser neuer Redakteur Wuppertal erlebt

Wuppertal · Der neue WZ-Redakteur Sebastian Appianing schildert seine ersten Eindrücke rund um das Leben in Wuppertal.

WZ-Redakteur Sebastian Appianing hat auf dem Fahrrad bereits Bekanntschaft mit Wuppertals Topografie gemacht.

Foto: Fries, Stefan (fri)

Hallo, ick bin der Neue in ihrer WZ. Geboren am Stadtrand von Berlin und aufgewachsen in einem kleinen verschlafenen Nest habe ich eine behütete Kindheit genossen. Irgendwann folgte ich dem Ruf der Welt und es zog mich nach Köln. Dort erlernte ich das Handwerk des Journalisten und verbrachte zwölf schöne Jahre in der Domstadt.

Nun bin ich in Wuppertal gelandet. Als Außenstehender denke ich sofort an die Schwebebahn und als großem Tierliebhaber fiel mir auch noch der Zoo ein. Mehr verband ich zunächst nicht mit einer Stadt, die im Bergischen Land liegt und den Ruf „San Francisco Deutschlands“ trägt - warum das so ist, sollte ich noch erfahren.

Wer mit der Bahn in Wuppertal ankommt, wird zunächst ein wenig geschockt. Der Hauptbahnhof ist sehr heruntergekommen, die Gleise wirken marode, an ihnen nagt der Zahn der Zeit. Doch nach wenigen Metern folgt eine angenehme Überraschung - eine neue und sehr helle Bahnhofs-Halle lädt zum Verweilen an und vor den Toren ist auch alles schick und neu. Neben Drogerien und Natursteinmauer, landet mein Blick auf dem coolen und hippen Primark-Gebäude. Ein etwas futuristischer Anblick, der mich an die Arche Noah erinnert. Meiner Meinung nach passt das Gebäude jedoch schön zum neu gestalteten Bahnhofsvorplatz.

Die erste Fahrt mit der berühmten Schwebebahn

Ein paar Meter weiter sehe ich dann auch endlich die Schwebebahn heranrauschen oder sollte ich besser sagen, rumpeln? Die Bahn ist lauter als gedacht und ich stelle mich meiner Höhenangst und fahre mit der Touristenattraktion. In den kleinen Wagons ist es zwar voll, aber trotzdem nicht überfüllt. Selbst mit Maske ist die Fahrt sehr angenehm. Scheinbar sind nicht nur Touristen unterwegs.

Die Schwebebahn ist nicht nur Wahrzeichen, sondern auch Lebensader der Stadt. Sie verbindet die Stadtteile Vohwinkel, Elberfeld und Barmen miteinander und wirkt, wie eine pulsierende Ader aus Stahl.

Umso trauriger macht es, dass sie vorerst ein Jahr stillstehen und nur an Wochenenden fahren wird. Ohne fahrende Bahnen wirkt das Stahlkonstrukt wie ein schlafender Riese.

Wie wichtig die Schwebebahn wirklich ist, merke ich schon auf meiner ersten Fahrt. Ich schaue mich um und sehe erstaunlich wenig Toruisten, sondern ganz normale Menschen. Es sind Pendler, die das Verkehrsmittel nutzen um zur Arbeit oder nach Hause fahren. Bis zu 82 000 Fahrgäste benutzen täglich die Schwebebahn und werden sich dann wohl oder übel ein Jahr lang in die Ersatzbusse des Schwebebahn-Expresses drängen.

Das Busfahren ist ja so gar nicht mein Ding. Da steige ich doch lieber auf meinen treuen Drahtesel. Als Ortsunkundiger vertraue ich auf mein Navi - ein folgenschwerer Fehler.

Mein Navi kennt leider das ungeschriebene Wuppertaler Gesetz nicht, dass es Radfahrern verbietet, auf der Friedrich-Engels-Allee zu radeln, und so zog ich mir als radelndes Verkehrshindernis den Unmut vieler Autofahrer zu. Ich bitte dies hier zu entschuldigen und verspreche Besserung. Inzwischen habe ich gelernt, dass die B7 für Radfahrer denkbar ungeeignet ist. Das finde ich persönlich sehr schade. Während in Köln immer mehr auf den Ausbau von Radwegen gesetzt wird, scheint in Wuppertal kein Handlungsbedarf zu bestehen. Wie kann es sein, dass es an einer Hauptstraße, keinerlei Radwege gibt? Das erscheint leider sehr fahrradunfreundlich. Unfreundlich sind natürlich auch die Berge bzw. die Straßen von Wuppertal, die mich an die Straßen von San Francisco erinnern. Nach einigen Irrfahrten schmerzten abends des Öfteren meine Waden und auf meinem alten Drahtesel werden die Straßen, die steil bergauf führen, zu unüberwindbaren Hindernissen.

Mein Fazit: Radfahren ist in Wuppertal nicht immer einfach. Es fehlt an Radwegen, und auch die Fußgänger erscheinen jedes Mal überrascht, wenn ein Radfahrer sie passiert - selbst wenn sich dieser ordnungsgemäß und langsam auf dem Radweg bewegt. Es ist hier scheinbar nicht üblich, dass Radfahrer unterwegs sind.

Ich wünsche mir Strecken  wie die Nordbahntrasse. Hier wurde wirklich tolle Arbeit geleistet. Ein wahres Paradies für Radfahrer, Jogger und Skater. Auf meiner ersten Fahrt von Unterbarmen nach Vohwinkel fühlte ich mich ein wenig  wie ein Formel1-Pilot auf der berühmten Nordschleife des Nürburgrings. „Die grüne Hölle“ hat Weltmeister Sir John Young Jackie Stewart sie einst genannt. Die Nordbahntrasse ist zwar für Wuppertaler Verhältnisse schön flach, jedoch vermittelt das Grün rechts und Links der Strecke phasenweise den Eindruck, als würde man durch einen Dschungel fahren - anfangs wirklich sehr beeindruckend.

Eine weitere Sache an die ich mich wohl oder übel gewöhnen muss, ist der Regen. Während Berlin und Köln von der Sonne geküsst wurden, scheint es in Wuppertal ja fast täglich zu regnen. Laut Statistik ist Wuppertal mit 1200 mm Niederschlag pro Jahr die regenreichste Stadt Deutschlands. Das heißt dann Regen-Kombi anziehen und stets trockene Kleidung zum wechseln dabeihaben. Dann kann nichts schiefgehen. Denn schließlich möchte ich bei Wind und Wetter mit dem Rad zur Arbeit fahren - selbstverständlich auf Radwegen und nicht mehr als Verkehrshindernis. Ich bin gespannt, was für Geschichten Wuppertal für mich bereithält. Bleiben Sie gesund. Sie lesen von mir.