Interview „Die Kräne drehen sich noch“

Wuppertal · Oberbürgermeister Andreas Mucke verweist auf große Erfolge in seiner ersten Amtszeit und weist Kritik zurück

 Andreas Mucke (SPD) stellt sich zur Wiederwahl als Oberbürgermeister.

Andreas Mucke (SPD) stellt sich zur Wiederwahl als Oberbürgermeister.

Foto: Schwartz, Anna (as)

Herr Mucke, was ist aus Ihrer bisherigen Amtszeit haften geblieben, was ist gelungen?

Andreas Mucke: Wir haben in den vergangenen fünf Jahren 2500 neue Betreuungsplätze im Kitabereich und in der Tagespflege geschaffen, dazu 1500 im Offenen Ganztag. Das sind ganz wichtige Plätze, aber wir brauchen noch mehr. Wir haben 300 Millionen Euro in die Sanierung von Schulen investiert. In der Wirtschaft wurden bis vor Corona 10 000 neue Arbeitsplätze geschaffen, Firmen sind angesiedelt worden. Außerdem haben wir zweimal ein Handlungsprogramm Gewerbeflächen aufgelegt, weil wir wissen, dass in Wuppertal Gewerbeflächen ein knappes Gut sind. Aber so konnten wir immer wieder neue Flächen entwickeln. Im Bereich Soziales haben wir das Teilhabechancengesetz des Bundes mit Leben gefüllt, bis Ende des Jahres 500 Menschen, die lange Zeit arbeitslos waren, in Arbeit gebracht. Ein weiterer Punkt sind die Förderprogramme Soziale Stadt, die wir fortschreiben konnten. Wir haben auch vieles für den Klimaschutz auf den Weg gebracht, um 2035 klimaneutral zu sein.

Aber es gibt ja auch Dinge, die nicht so gut waren. Zum Beispiel die Kita-Situation, wo noch viele Plätze und auch das nötige Personal fehlen. Wer hat da geschlafen?

Mucke: Die Kommune hat da nicht geschlafen, weil wir ja Leidtragende sind. Wir haben das große Glück, Kitas eröffnen zu dürfen, aber das Hemmnis, nicht alle Plätze nutzen zu können, weil Personal fehlt. Das ist kein Wuppertal spezifisches Problem. Das liegt zum einen daran, dass – zum Glück – immer mehr Bedarf da ist, und zum anderen daran, dass in den Kollegs nicht mehr ausreichend Kräfte ausgebildet werden können.

Aber die Stadt bildet selbst aus. Warum erst jetzt?

Mucke: Die Stadt bildet bereits seit einigen Jahren selbst aus. Dazu gibt es mit der Praxis-Integrierten-Ausbildung (PIA) ein duales System, in dem wir allein in diesem Jahr wieder 27 Auszubildende an den Start gebracht haben. Aber auch da brauchen wir noch mehr junge Menschen, die sich interessieren.

Was Sie gesagt haben in Bezug auf Schulen und Kitas könnte man auch als Grundversorgung bezeichnen. Das ist das, was man von einer Stadt erwartet. Bei Ihrem Amtsantritt gab es eine Art Aufbruchsstimmung. Es gab viele Projekte – die Seilbahn oder auch das Pina Bausch Zentrum – mit denen Wuppertal hätte Profil entwickeln können. Nach fünf Jahren sind einige dieser Projekte stecken geblieben. Wie beurteilen Sie die Situation?

Mucke: Wir haben in Wuppertal immer noch eine Aufbruchsstimmung. Wenn man bedenkt, dass man in den 80ern erstmals darüber diskutiert hat, die Stadtmitte umzugestalten, merkt man, dass gewisse Projekte einfach Zeit brauchen. Für das Pina Bausch Zentrum haben wir inzwischen den Durchführungsbeschluss.

Haben Sie sich nicht vorgestellt, dass man in fünf Jahren schon weiter ist? Der Döppersberg ist noch Baustelle, beim Pina Bausch Zentrum ist der Bau noch gar nicht losgegangen.

Mucke: Immerhin haben wir jetzt die Finanzierung zusammen, wenn auch ohne Hilfe des Bundes, der sich beharrlich geweigert hat, die laufenden Kosten mitzutragen, obwohl er das an anderer Stelle auch macht. Mein Ziel ist, das Projekt in den nächsten fünf Jahren zu entwickeln. Das Thema Döppersberg: Wenn Sie den Hauptbahnhof anschauen, ist das ein Thema, das bereits 2007 versäumt worden ist. Man hätte mit der Bahn verabreden müssen, zeitgleich mit der Mall das Empfangsgebäude zu gestalten. Ich habe mit Ronald Pofalla von der Bahn verabredet, dass das Gebäude jetzt entwickelt wird. Im September will die Bahn eine Lösung präsentieren und sagen, wer das Gebäude entwickelt. Das Thema Seilbahn hat die Bevölkerung entschieden, das muss man akzeptieren. Ich hätte mir gewünscht, dass der Rat eine Entscheidung trifft, weil er dafür gewählt worden ist. Für die nächsten Jahre gibt es viele Projekte, die umgesetzt werden können. Ich denke an die Bundesgartenschau, den Fuhlrott-Campus im Grünen Zoo.

 Aber warum beginnt man nicht mit den Arbeiten? Für das Pina Bausch Zentrum sind die Investitionskosten gedeckt. Auch beim Fuhlrott-Campus geht es nicht weiter…

Mucke: Der Fuhlrott-Campus ist schlicht an den finanziellen Mitteln gescheitert. Die waren nicht da. Wir können nicht so viele große Projekte parallel stemmen. Das bedeutet aber nicht, dass diese Mittel nicht noch kommen können. Beim Pina Bausch Zentrum sind wir abhängig vom Fördergeldgeber, denn wir brauchen die Genehmigung zum Start. Die hat der Bund bislang nicht erteilen können.

Inzwischen liegen wir bei 80 Millionen Euro Baukosten. Wo soll das denn enden?

Mucke: Wir haben anfangs kalkuliert, ohne die Kosten für die Fertigstellung hochzurechnen. Damals hat die Projektgruppe 60 Millionen Euro genannt und fünf Millionen Euro Einrichtungskosten. Als wir jetzt mit dem Bund gesprochen haben, haben wir gesagt, wir brauchen eine Summe, die wir dem Rat für den Beschluss nennen. Deshalb stehen wir jetzt bei dieser Summe. Der Bund hat die Hälfte der Bausteigerungskosten noch einmal draufgelegt, was ich sehr honorig finde. Wir sind gerade in der Ausschreibung für die Wettbewerbe in Bezug auf die Gestaltung des Gebäudes und der Außenflächen.

Das Ganze dauert sehr lange und es entsteht der Eindruck, dass sich kein Kran in Wuppertal mehr dreht.

Mucke: Kräne drehen sich hier schon. Die Arbeiten am Döppersberg lagen im Zeitrahmen, die B7 war sogar früher fertig als geplant. Beim Pina Bausch Zentrum sind wir abhängig von den Fördermittelgebern. Wir haben harte Gespräche mit dem Bundeskulturministerium geführt, denn dort gibt es nicht nur Freunde des Projekts. Das Land hat uns da sehr geholfen. Das Projekt hat es verdient, schnell voranzukommen, weil es internationale Strahlkraft hat.

Das hätten die Projekte wie Schwebebahn, Döppersberg und Erweiterung des Klingelholl auch verdient. Der Eindruck, der entsteht, ist aber, dass dort nichts klappt…

Mucke: Beim Klingelholl wird genau überprüft, wo was falsch gelaufen ist. In Bezug auf die Mauer müssen wir unser Recht einklagen. Wir werden vor Gericht gehen, wenn die Dienstleister, die die Mauer gebaut haben, das nicht in Ordnung bringen. Das Thema Schwebebahn hat für mich eine Riesenbedeutung, weil es unser Herzblut ist.

Welche Kontrollen wird es in Zukunft geben?

Mucke: Ich will, dass die Schwebebahn nicht erst im nächsten Sommer wieder fährt, sondern früher. Immerhin ist die Taktung im Ersatzverkehr, so wie von den WSW angekündigt, ein Vier-Minuten-Takt. Es braucht unabhängige Sachverständige, die sich alle Fragen anschauen, auch den innergeschäftlichen Bereich. Man muss schauen, wo etwas falsch gelaufen ist, auch beim Hersteller. Es gibt unzählige Problemstellen, seitdem die neuen Wagen da sind. Und ich will wissen, wie das nachhaltig abgestellt werden kann.

Bedeutet das eine Frist bis März?

Mucke: Ich bin kein Chefingenieur bei den WSW. Aber wenn wir mehr Räder bekommen, könnte man die doppelte Anzahl an Bahnen umrüsten. Ich habe beim Bochumer Hersteller angerufen, der hat zugesichert, mehr Räder liefern zu können. Ich möchte betonen, dass die WSW-Mitarbeiter in den Werkstätten erstklassige Arbeit liefern. Sonst wäre die Bahn wohl schon viel früher nicht mehr gefahren.

Was sind ihre Projekte für Wuppertal?

Mucke: Wuppertal muss nach außen besser verkauft werden, weil wir im Umkreis von 30 Kilometern nicht die Wahrnehmung haben, die wir verdienen. Dazu will ich ein Stadtmarketingkonzept haben und ein Stadtmarketing, das die Stärken der Stadt besser nach außen vertritt. Dazu brauchen wir Mitstreiter und Menschen, die das finanziell mittragen. Darüber hinaus brauchen wir mehr Wohnraum, damit wir mehr Menschen herlocken können. Wuppertal braucht Arbeitsplätze.