Wuppertaler Gesundheitskolumne „Es macht mich stolz, bald Pflegekraft zu sein“

Wuppertal · Auszubildende Veronika Bryja berichtet über die Herausforderungen als Stationsleitung auf Probe.

Die Pflegeazubis am Bethesda übernehmen mit der Leitung einer Station jede Menge Verantwortung. Unter ihnen ist auch Veronika Bryja (3.v.r.).

Foto: Florian Schmidt

Es ist eigentlich ein gewöhnlicher Morgen in der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie am Bethesda Krankenhaus Wuppertal. Der rote Flügel der Station, zwölf Patienten, zwei Auszubildende pro Schicht – und ich mittendrin. Doch heute bin ich nicht nur Auszubildende, sondern Stationsleiterin. Ein Titel, der Verantwortung mit sich bringt und mir einen Vorgeschmack auf das gibt, was mich nach dem Examen erwartet.

Das Projekt „Azubis leiten eine Station“ ist eine besondere Herausforderung für uns Auszubildende im dritten Lehrjahr. Es wurde ins Leben gerufen, um uns kurz vor dem Examen optimal auf die Praxis vorzubereiten und uns die Möglichkeit zu geben, eigenverantwortlich zu arbeiten. Die Idee: Wir übernehmen für drei Wochen die Leitung einer Station – mit allem, was dazu gehört: Dienstpläne schreiben, Prioritäten setzen, mit Ärzten und Patienten kommunizieren und natürlich die Pflege selbstständig organisieren. Begleitet werden wir dabei von erfahrenen examinierten Pflegekräften und Praxisanleitern, die jederzeit für Fragen und Unterstützung zur Verfügung stehen. Auch unsere Lehrer aus der Berufsschule begleiten uns in dieser spannenden Zeit, indem sie uns zwei Mal während der Projektlaufzeit besuchen.

Als ich hörte, dass ich die Stationsleitung übernehmen würde, war ich zunächst überrascht. Warum ich? Vielleicht liegt es daran, dass ich als Kurssprecherin bereits organisatorische Fähigkeiten gezeigt habe oder, dass ich mit meinen 32 Jahren etwas mehr Lebenserfahrung mitbringe als manche meiner Mitschüler? Doch unabhängig davon war klar: Diese Aufgabe würde mich fordern – und genau das wollte ich.

Azubis übernehmen Verantwortung: Eine Station in Bethesda unter eigener Leitung Person: Veronika Bryja

Foto: Florian Schmidt

Die ersten Tage waren geprägt von Orientierung. Wo finde ich welches Material? Wie läuft die Tagesroutine auf dieser Station ab? Wer sind die Ansprechpartner für spezielle Aufgaben wie Wundmanagement oder Kinästhetik? Es war wie ein Puzzle, das Stück für Stück zusammengesetzt werden musste. Besonders spannend war es, das Vertrauen der Kollegen und Patienten zu gewinnen. Anfangs sprachen einige Ärzte lieber mit den examinierten Kräften als mit uns Azubis. Doch schon nach wenigen Tagen kamen sie direkt zu uns – ein Zeichen dafür, dass wir unsere Rolle von Anfang an ernst genommen haben und sie mit Unterstützung der examinierten Fachkräfte kompetent ausfüllen können.

Natürlich gibt es auch Herausforderungen: Zwei Patienten mussten beispielsweise gleichzeitig für eine Operation vorbereitet werden – alles andere musste dann erst einmal warten. Hier zeigte sich, wie wichtig es ist, Prioritäten zu setzen und flexibel zu reagieren. Auch der Dienstplan war eine kleine Hürde: Jeder sollte seine freien Tage bekommen, niemand sollte zu viele Schichten am Stück haben oder ständig zwischen Früh- und Spätdienst wechseln. Für sechs Personen ist das schon ziemlich anspruchsvoll – wie mag es erst bei einer ganzen Station sein?

Durch dieses Projekt lerne ich viel: Eigenverantwortung übernehmen, Prioritäten setzen und Entscheidungen treffen – Fähigkeiten, die im normalen Stationsalltag oft erst nach dem Examen gefragt sind. Besonders beeindruckt hat mich das Wundmanagement: Welche Materialien eignen sich für welche Wunden? Wie beurteilt man den Heilungsprozess? Solche praktischen Kenntnisse kann man nur durch Erfahrung erwerben – und genau diese bietet das Projekt.

Zur Pflege bin ich über Umwege gekommen. Ursprünglich habe ich BWL und VWL studiert, doch die Theorie fühlte sich für mich irgendwie immer leer an. Meine Mutter arbeitete damals in der ambulanten Pflege und erzählte mir oft von ihrer Arbeit: von den Menschen, denen sie half, von den Geschichten ihrer Patienten, von der Dankbarkeit, die sie erlebte. Das hat mich neugierig gemacht. Ich begann selbst in einem Betreuungsdienst zu arbeiten – nicht medizinisch, sondern unterstützend im Alltag von Menschen mit Pflegebedarf.

Diese ersten Erfahrungen haben mich tief beeindruckt: Die Nähe zu den Menschen und das Gefühl, wirklich etwas Sinnvolles zu tun, waren überwältigend. Doch mir fehlte das medizinische Wissen – ich wollte mehr erfahren und mehr können. Also bewarb ich mich für eine Ausbildung zur Pflegefachkraft im Bethesda. Meine Botschaft an alle: Es ist nie zu spät für einen Neuanfang. Die Pflege ist ein Beruf voller Herausforderungen und Möglichkeiten. Und kein Beruf zeigt so viel Wertschätzung wie dieser.

Das Projekt „Azubis leiten eine Station“ zeigt mir, wie nah wir schon an unserem zukünftigen Berufsalltag sind. Es ist keine Spielerei oder ein Experiment – es ist Realität. Und genau diese Realität macht mich stolz darauf, bald Pflegefachkraft zu sein.

Veronika Bryja ist Auszubildende im dritten Lehrjahr am Bethesda Krankenhaus Wuppertal