Gentrifizierung Fallstudie zum Wandel am Ölberg

Ölberg. · Die Studentin Julia Bremicker (27) analysierte die öffentliche Wahrnehmung und mediale Verhandlung von Aufwertungsprozessen am Wuppertaler Ölberg.

Julia Bremicker untersuchte für ihre Bachelorarbeit Zeitungsartikel und Protokolle der Bezirksvertretungsversammlungen zum Ölberg.

Foto: Fries, Stefan (fri)

Wenn ein Stadtviertel aufgewertet wird und dabei lokale, alteingesessene Bewohner durch höhere Mieten verdrängt werden, spricht man von Gentrifizierung. Eine junge Wuppertalerin beschreibt, dass es auch in Wuppertal inzwischen Hinweise auf einsetzende Gentrifizierungsprozesse gibt. In ihrer Bachelorarbeit beschäftigte sich Studentin Julia Bremicker (27) mit der medialen Darstellung solcher am Ölberg stattfindenden Prozesse und analysierte einen vielfältigen Diskurs zum Wandel am Ölberg.

Schaue man sich die Statistik an, gebe es in Wuppertal nicht den angespannten Wohnungsmarkt wie man ihn aus anderen Großstädten, etwa Hamburg, Berlin oder sogar Düsseldorf kennt. Ein Dozent habe Julia Bremicker aber darauf hingewiesen, dass man in manchen Stadtteilen Wuppertals starke funktionale Veränderungen beobachten könne – nach einer Hausarbeit zum Thema Gentrifizierung in Hamburg, beschloss sie schließlich, ihren Heimatort Wuppertal genauer unter die Lupe zu nehmen. Nach einem Spaziergang am Ölberg mit einem Freund, der dort wohnte, wurde ihr schnell klar, dass sich der Kiez im Wandel befindet.

„Sanierungsbedürftige Bauten wechseln sich mit bereits sanierten Gebäuden ab“, beschreibt Julia Bremicker ihre Beobachtungen. „Es gibt relativ viele hochpreisige Geschäfte, keinen Bäcker mehr. Nur noch am Rand des Viertels findet man einen.“ Für sie ist das gewerbliche Angebot ein Zeichen dafür, wer dort wohnt. Das richte sich nicht mehr nur an Arbeitern. Es gebe eine andere Klientel.

Es folgte eine erste großflächige Recherche, bei der Bremicker lokalrelevante Medien identifizierte, namentlich die WZ und Wuppertaler Rundschau. Der daraus folgende Untersuchungskorpus umfasste schließlich rund 80 Zeitungsartikel, die Bremicker allesamt persönlich analysierte. Hinzu kamen Protokolle der Sitzungen der Bezirksvertretung Elberfeld von 2014 bis 2020 und Veröffentlichungen auf Webseiten, etwa des Vereins der Unternehmer für die Nordstadt.

Drei Diskursthemen hat
Julia Bremicker ausgemacht

Die qualitative Analyse der Texte zeigte schlussendlich einen vielfältigen Diskurs zum Ölberg. Zusammengefasst identifizierte Bremicker drei Diskursthemen. Das erste  sei das Leben am Ölberg, was sie mit Kunst, Kultur und Politik betitelt. Der Ölberg sei ein Künstlerviertel, das aber auch bürgerliches Engagement zeige. Zweitens könne man den gewerblichen Wandel in der medialen Analyse erkennen. Dort werde etwa von einer neuen Eisdiele berichtet. „Aber der Begriff Gentrifizierung wird sehr wenig benutzt“, beobachtete Bremicker. „Sogar das Wort Aufwertung wird abgelehnt, weil es negativ konnotiert ist.“ Politisch aber werde der Wandel zunächst positiv dargestellt, Befürchtungen von Bürgern beschwichtigt. „Für den Wuppertaler Ölberg ist es recht teuer geworden“, sagt die studierte Soziologin.

Ein drittes Thema seien der Parkdruck und die Verkehrswende. Ein Großteil des Untersuchungskorpus habe sich mit diesen Themen beschäftigt. Vor allem der Parkplatzmangel sei in den letzten drei Jahren groß geworden. „Statistisch aber lassen sich manche Aussagen in den Medien nicht belegen“, sagt Bremicker. Die zunehmende Autodichte etwa können die Zahlen der am Ölberg registrierten Fahrzeuge nicht bestätigen. Bremicker vermutet, dass es sich dabei eher um parkende Kunden handelt. Gegensätzliche Meinungen der Anwohner weisen zudem auf verschiedene sozioökonomische Milieus hin - ein Zeichen des Wandels.

Das Image des Ölbergs in den Medien sieht sie grundsätzlich nicht als problematisch. Man müsse es nur kritisch in den Blick nehmen. Das Spannende sei, dass die Gentrifizierung am Ölberg stattfinde - auch wenn nur vorsichtig thematisiert. „Die Zeichenwelt am Ölberg verändert sich“, sagt sie, „Über diese Fallstudie hinaus ist es sinnvoll, bei der Untersuchung von Gentrifizierungsprozessen auch die lokalen Medien einzubeziehen und nicht nur Statistiken.“