Silvester Feuerwerk-Verkaufsverbot trifft Pyrotechnik-Branche hart
Südhöhen. · Hersteller von Raketen und Böllern verzeichnen auch in Wuppertal hohe Umsatzverluste.
Im Zuge der verschärften Corona-Maßnahmen ist der Verkauf von Feuerwerk und vielerorts sogar das Abbrennen verboten. Damit möchte der Bund nach eigenen Angaben verhindern, dass die Krankenhäuser zusätzlich durch Patienten belastet werden, die sich zum Beispiel durch Böller verletzten. Die Ausmaße des Verbotes sind enorm – auch in Wuppertal.
Für Pyrotechniker Maik Lorenzen von der Firma Talfeuerwerk ist „ein generelles Verbot aufgrund von Corona nur ein Vorwand, da Feuerwerk unter freiem Himmel und mit genügend Abstand gezündet wird. Es gibt auch keine belegbaren Zahlen, dass sich durch in Deutschland zugelassenes Feuerwerk viele Menschen verletzen“. Lorenzen wird, wie die gesamte Branche hart vom Verkaufsverbot getroffen. Während 2019 deutschlandweit mit Feuerwerk ein Umsatz von 122 Millionen erwirtschaftet wurde, drohen in diesem Jahr Insolvenzen. „Das Verkaufsverbot von Feuerwerk der Kategorie F2 trifft uns ziemlich hart, da wir damit einen Großteil des Umsatzes im Jahr machen. Dazu kommt noch, dass in diesem Jahr durch Corona fast alle Auftragsfeuerwerke abgesagt wurden, weil Feierlichkeiten zu Hochzeiten, Geburtstagen oder Abibällen nicht stattfinden durften.“
Den Verlust für Talfeuerwerk in diesem Jahr beziffert Lorenzen auf einen hohen fünfstelligen Betrag. „Unsere Hoffnung lag in dem Verkauf zu Silvester, für den wir Hygienekonzepte entwickelt und Investitionen getätigt haben“, sagt Lorenzen. Diese Hoffnung macht das bundesweite Verbot zunichte.
Die Firma Nico, die mit einem Werk in Wuppertal im vergangenen Jahr einen Umsatz von 25 Millionen Euro erzielte, muss jetzt massive Einbußen verzeichnen. „Die Firma Nico macht 90 Prozent ihres Jahresumsatzes mit dem Verkauf von Silvesterfeuerwerk. Die restlichen zehn Prozent sind durch die ausgefallenen Großveranstaltungen bereits komplett weggefallen“, sagt Nicolas Kandler, Projektmanager bei Nico.
„Als Saisongeschäft wird beim Silvesterfeuerwerk das gesamte Jahr vorfinanziert. Wir hatten also volle Kosten und stehen jetzt mit einem fast kompletten Umsatzverlust da. Wir haben nach der Aussage der Kanzlerin und der Ministerpräsidentenkonferenz Ende November, dass der Verkauf von Feuerwerk erlaubt sein wird, mit der Auslieferung unserer Ware begonnen. Es sind dabei Logistikkosten in Millionenhöhe entstanden. Diese Kosten werden noch deutlich steigen, weil wir die Ware aus dem gesamten Bundesgebiet wieder zurückholen müssen.“
Das sieht auch Felix Rausch vom Bundesverband Pyrotechnik ähnlich: „Das Verkaufsverbot hat dramatische Auswirkungen auf die gesamte Branche. Durch die Einschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie blieben die Umsätze durch Feuerwerke auf Veranstaltungen fast vollständig aus. Der Verkauf von Silvesterfeuerwerk hätte für viele pyrotechnische Betriebe einen Rettungsschirm bedeutet. Dass dieser kurzfristig und praktisch in freiem Fall abgeschnitten wird, wird viele der Betriebe in die Insolvenz treiben.“
Ohne Entschädigungen sind die Verluste nicht zu kompensieren
Nicolas Kandler schaut besorgt in die Zukunft: „Ohne eine Entschädigung werden wir das kaum überstehen. Wir haben ein Jahr komplett gearbeitet, alle Leistungen erbracht, unter vollen Kosten, sogar mit erheblichen Zusatzkosten durch die Rückholung der Ware, nur können wir jetzt niemandem eine Rechnung schreiben. Zusätzlich müssen jetzt auch weitere Lager für ein ganzes Jahr angemietet und finanziert werden.“
Viele Händler haben aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen zur Lagerung von Feuerwerk große Probleme. So gibt es sogar Überlegungen, die Ware gezielt abzubrennen oder zu vernichten, da eine ordnungsgemäße Lagerung nicht möglich ist. Maik Lorenzen befindet sich laut eigener Aussage in einer „glücklichen Position“, da die Firma über eine eigene Bunkeranlage verfügt. „Obwohl die Lager randvoll sind, haben wir kein rechtliches Mengenproblem bei der Lagerung. Diesen Vorteil haben allerdings die wenigsten Händler.“
Felix Rausch sieht die Regierung in der Pflicht: „Die Politik sollte das Verbot schleunigst zurücknehmen, die besondere Situation einer Branche anerkennen, dessen Umsatz sich auf nur drei Tagen im Jahr konzentriert und entsprechende Hilfsgelder zur Verfügung stellen. Auch eine Rücknahme des Verbots oder dessen Außerkraftsetzung durch ein Gericht kann den immensen wirtschaftlichen Schaden nicht auffangen – für die meisten Händler ist es aus logistischen Gründen nicht mehr möglich, den Verkauf wie geplant durchzuführen. Je nach Ausgang der Urteile in den anhängigen Verfahren kommen auf die Bundesrepublik Schadensersatzforderungen zu.“
Zudem befürchtet Rausch durch das Verbot eher mehr Arbeit für die Krankenhäuser: „Wir gehen davon aus, dass eine Vielzahl der Verletzungen durch nicht zugelassenes Feuerwerk entsteht. Es ist zu befürchten, dass diese Verletzungen in diesem Jahr zunehmen und das Gesundheitssystem durch das Verbot stärker be- statt entlastet wird. Davon geht unter anderem auch die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) aus.“
Maik Lorenzen sieht die Situation ähnlich wie Rausch. Auch er warnt vor illegalem Feuerwerk: „Durch das Verkaufsverbot an den Verbraucher besorgen sich viele ihr Feuerwerk auf dem Schwarzmarkt oder direkt aus Polen. Viele dieser Feuerwerkskörper können bei falscher Handhabung schwere Verletzungen verursachen. Dann werden die Krankenhäuser tatsächlich mehr Notfälle an Silvester behandeln müssen.“