Fitness im Dienst der WZ-Leser
Lioba Preuß bringt jeden Morgen die WZ zum Leser — und hilft manchmal auch beim Schneeräumen.
Wuppertal. Lioba Preuß liegt hilflos im Straßengraben. Sie hat große Schmerzen am Oberkörper, genauer lokalisieren kann sie sie nicht. Ihr Motorrad, auf dem sie wenige Minuten vorher noch den sonnigen Nachmittag genossen hat, ist mehrere Meter weit aus der Linkskurve geflogen. Zum Glück war sie nicht allein im Münsterland unterwegs, so ruft ihr Begleiter sofort Hilfe. Im Krankenhaus wird wenige Stunden später der Bruch der rechten Schulter und der linken Hand diagnostiziert werden. Drei Tage später wird eine Operation folgen.
Das war vor einem Jahr. Seitdem hat Lioba Preuß, die seit 2007 Zustellerin ist, tausende Exemplare der Westdeutschen Zeitung verteilt. „Das war meine Therapie“, erzählt sie von der schweren Zeit. „Wenn man neun Wochen lang beide Arme nicht benutzen kann, freut man sich auf jeden Handgriff.“
Generell liebt sie ihren Beruf. „Das ist ein tolles Training, für das man sogar bezahlt wird. Im Fitnessstudio kostet das Geld.“ Sie kenne keinen Zusteller-Kollegen, der nicht fit ist. Und noch einen Vorteil hat es, Zeitungen zuzustellen: „Normal müsste ich zum Sport machen meinen inneren Schweinehund überwinden. Aber wenn es der Beruf ist, muss man sich auch bei Wind und Wetter bewegen.“
Etwas schade findet Preuß nur, dass sie ihre Kunden am Dönberg nicht kennt. Zur Weihnachtszeit lässt sich schon mal ein WZ-Abonnent ihre Telefonnummer geben, um sich zu bedanken. Aber wenn Lioba Preuß die Zeitung in den Briefkasten wirft, schlafen die meisten Leser natürlich noch: „Das ist schade. Man kennt das Haus, das Auto und das Umfeld — nur die Menschen selbst bekommt man selten zu Gesicht“, bedauert Preuß. Die seltene Ausnahme findet meist am Wochenende statt: „Wenn die Leute sehr lange feiern, treffen wir manchmal gemeinsam an der Haustür ein.“
Auch besondere Wetterumstände sorgen manchmal dafür, dass sie dann doch die WZ-Leser kennenlernt. „Im Winter habe ich schon oft beim Schneeräumen geholfen. Sozusagen Erste Hilfe geleistet, damit meine Kunden rechtzeitig zur Arbeit kamen.“
Allein durch die körperliche Bewegung bezeichnet sie sich als „süchtig nach dem Job“. Nur eine Sache ärgert sie manchmal: Auch wenn Lioba Preuß „mit Fußball nichts anfangen kann“, weiß sie immer, wann der Ball rollt. Denn bei wichtigen Abendspielen wird der Redaktionsschluss der WZ manchmal nach hinten verschoben, damit die Leser morgens am Frühstückstisch den aktuellen Spielbericht lesen können. „Dann bekomme ich die Zeitung manchmal erst um halb vier. Im Briefkasten muss sie trotzdem bis spätestens sechs Uhr sein.“ Geschafft hat sie das bisher immer.