Flüchtlingspate - Spagat zwischen Hörsaal und Vormundschaft
Der 26-jährige Student Felix Arras hat vor ein paar Wochen die Erziehungsberechtigung für einen 15-jährigen Flüchtling übernommen. Insgesamt gibt es in Wuppertal 68 Flüchtlingspaten.
Wuppertal. Auf den ersten Blick wirkt Felix Arras wie ein ganz normaler Student. Seit drei Semestern studiert der 26-jährige Kölner an der Bergischen Universität Englisch und Geografie auf Lehramt. So weit, so normal. Doch zwischen Seminaren und Klausuren hat Arras vor Kurzem noch eine ganz besondere Aufgabe übernommen: Seit ein paar Wochen ist er der Vormund von Alhassane, einem 15-jährigen Flüchtling aus Guinea. Da stellt sich unweigerlich die Frage, warum ein Mann seines Alters, so eine Verantwortung übernimmt. „Das Thema Flüchtlinge hat mich schon immer interessiert“, so Arras, „und irgendwann habe ich mir gedacht, selber aktiv zu werden und mich zu engagieren.“
Laut der Diakonie Wuppertal gibt es derzeit 68 aktive Vormünder, die sich ehrenamtlich um unbegleitete minderjährige Flüchtlinge kümmern. Lediglich ein Drittel davon ist männlich.
Arras ist relativ zufällig auf dieses Ehrenamt gestoßen. Im Internet fand er das Projekt „Do it!“, das von der Diakonie 2007 ins Leben gerufen wurde. „Seit der Gründung des Projekts sind über 150 Vormünder ausgebildet worden“, erklärt Projektmitarbeiter Anton Mause. Mit ihm führte Arras auch ein erstes Kennenlerngespräch, ehe er zur Schulung eingeladen wurde.
An insgesamt sechs Terminen lernte er alles Wichtige zum Thema Vormundschaft und erhielt umfangreiche Schulungen, zum Beispiel in den Bereichen Recht und Trauma. „Für dieses Thema wurden wir besonders sensibilisiert“, erläutert Arras. Immerhin mussten die vielen Jugendlichen auf ihrer Flucht nach Deutschland mitunter die schlimmsten Erfahrungen machen. Das gilt auch für Alhassane, der vor einem halben Jahr über die Mittelmeerroute nach Wuppertal kam. Viel darüber gesprochen hat er mit seinem neuen Vormund noch nicht, „allerdings kümmere ich mich gerade darum, dass er schnellstmöglich psychologische Unterstützung bekommt, damit er sein Trauma verarbeiten kann“, sagt Arras.
Doch es gibt noch viel mehr für ihn zu tun. Angefangen bei Behördengängen, über Gespräche mit Lehrern bis hin zur Unterstützung im Alltag. „Das ist natürlich gerade sehr viel mit dem Studium“, gesteht Arras. „Trotzdem kann man das alles gut koordinieren.“ Unterstützung erhält er durch die Diakonie sowie der Jugendwohngruppe (JWG) in Katernberg, in der Alhassane derzeit mit anderen geflüchteten Jugendlichen wohnt.
Aktuell befinden sich der Teenager und sein Vormund noch in der Kennenlernphase. Einmal pro Woche treffen sie sich, zwischendurch wird per Whatsapp kommuniziert. „Ich will aber keinen Druck aufbauen, sondern Schritt für Schritt sein Vertrauen gewinnen“, erklärt Arras, der sich mit seinem Schützling trotz gewisser Sprachbarrieren bestens versteht: „Ich bin beeindruckt, dass er nach der kurzen Zeit schon relativ gut Deutsch versteht und spricht, zumal er vorher in Guinea noch nie eine Schule besucht hat.“ Für den Studenten steht fest: Er hat eine richtige Entscheidung getroffen.