Wirtschaft Frauen sind bei der Bergischen IHK die Minderheit

Wuppertal · Aus Wuppertal kandidieren nur 14 Frauen für die Vollversammlung im Bergischen – von insgesamt 74 Kandidaten.

IHK-Wahl-Kandidatin Isabell Suermann mit ihrer fünf Monate alten Tochter.

Foto: Isabell Suermann

In der Bergischen IHK-Vollversammlung gibt es nur wenige Frauen, auch in diesem Jahr kandidieren deutlich weniger Frauen als Männer. Einige Wuppertaler Kandidatinnen haben ihre Erfahrungen und Eindrücke geteilt, was die Kandidatur für das „Parlament der Wirtschaft“ für sie bedeutet und wie sich langsam etwas ändert.

„Ich glaube, das ist das Spiegelbild der Realität momentan“, meint Isabel Suermann. Es gebe ohnehin wenige Frauen in Führungspositionen, wenige Gründerinnen, weniger selbstständige Frauen als Männer. Die 35-Jährige ist seit zehn Jahren selbstständig. Mittlerweile ist sie Mutter von zwei Töchtern. Das neuste Mitglied der Familie ist erst fünf Monate alt, aber Isabel Suermann ist „schon“ in den Arbeitsalltag zurückgekehrt. Ihre Töchter stünden ihr in keiner Weise Im Weg, im Gegenteil: sie seien die größte Inspiration, zu zeigen, was möglich ist. „Die Rahmenbedingungen sind sehr eindimensional gedacht, das Elterngeld zum Beispiel ist nur für die angestellte Frau“, meint Suermann. „An so etwas orientiere ich mich nicht, weil das schnell Grenzen zieht. Das ist dann vielleicht auch der Punkt, warum Frauen sich nicht für eine Kandidatur entscheiden.“ Den Beruf und die Familie unter einen Hut zu bekommen, sei eine Herausforderung. Und die Möglichkeiten der Kinderbetreuung seien immer noch eingeschränkt.

Laut Statistischem Bundesamt war 2019 nur knapp jede dritte Führungskraft weiblich (29,4 Prozent). Zu den Führungspositionen dieser Datenerhebung zählen Vorstände und Ge­schäfts­füh­re­rin­nen sowie Führungskräfte in Handel, Produktion und Dienst­leis­tungen. In der Vollversammlung der Bergischen IHK sind derzeit 16 Frauen, die laut Pressesprecher Thomas Wängler 2017 „mit teils herausragenden Ergebnissen gewählt“ wurden. Von den insgesamt 80 Repräsentanten aus Industrie, Handel und dem Dienstleistungsbereich sind also nur ein Fünftel Frauen. Dafür haben die Kandidatinnen der diesjährigen IHK-Wahl verschiedene Erklärungen.

„Mich wundert es, dass es so wenig Frauen sind“, meint Catherine Tillmanns, Inhaberin des Deko-Ladens Tisch und Bett in der Luisenstraße. Denn es gebe tolle Firmen mit Geschäftsführerinnen. Es sei in Wuppertal nicht abwegig, dass Familienunternehmen Frauen in Führungspositionen hätten. Vor allem im Einzelhandel. „In meiner Generation gab es eher noch das traditionelle Rollenspiel“, berichtet Elke Buchholz. Seit über 35 Jahren arbeitet sie bei der Firma Brocker, seit 2004 ist sie Geschäftsführerin und weiß, dass es besonders ist, dass das Familienunternehmen damals von ihrer Großmutter übernommen wurde. „Sie hat das schon vorgemacht, wir sind mit der Firma groß geworden. Da wächst man einfach rein“, meint sie. Buchholz ist selber zweifache Mutter und betont, dass es eine Zeit gab, in der sie nicht Vollzeit arbeiten konnte: „Als meine Kinder noch klein waren, da braucht man jemanden, der die Kinder betreut.“

Es gebe tolle Netzwerke
für Frauen in der Region

Wirtschaftsprüferin und Steuerberaterin Andrea Buth meint, sie habe jetzt mit 58 Jahren die Reife und Ruhe, ihre IHK-Kandidatur umzusetzen. „Meine Kinder sind erwachsen, ich bin im Beruf angekommen und möchte der Gesellschaft etwas zurückgeben und jungen Frauen Mut machen“, erklärt Buth. „Unsere Themen werden nur dann umgesetzt, wenn wir repräsentiert sind.“ Im Rahmen ihrer Kandidatur habe sie festgestellt, dass es tolle Netzwerke es für Frauen gebe. Einen Frauen Business Tag, wie es ihn bei der IHK in Köln gibt, könne sie sich etwa auch für Wuppertal vorstellen. „In der Generation tut sich ganz langsam was und den Rest müssen wir eben selber machen“, meint auch die 57-jährige Catherine Tillmanns.

Dass sich etwas tut, dafür möchte auch die Bergische Universität Wuppertal sorgen. Derzeit sei Christine Volkmann vom Lehrstuhl für Unternehmensgründung und Wirtschaftsentwicklung an einem NRW-weiten Projekt zur Förderung von Unternehmensgründungen von Frauen aus Hochschulen beteiligt. „Hierbei ist es auch ein wesentliches Ziel, direkt Studierende, Absolventinnen, Doktorandinnen in den MINT-Fächern in NRW anzusprechen. Damit sollen in Zukunft auch mehr Gründungen von Frauen aus Hochschulen entstehen, die dem Technologie- und Industriebereich zuzuordnen wären“, erklärt Volkmann.

Bis 2025 soll der Anteil der Gründerinnen auf 33 Prozent gesteigert werden. Schon jetzt weist die bundesweite Statistik mehr junge Gründerinnen aus: der Anteil der Frauen in Führungspositionen im Alter von 15 bis 24 Jahren betrug 2019 38,8 Prozent - deutlich über anderen Altersgruppen.

Christina Kaut (38) ist eine der 16 Frauen der jetzigen IHK-Vollversammlung. Die Quote werde nicht thematisiert, dennoch sei es schade. In der Vollversammlung seien Frauen ihrer Meinung nach aber gut aufgestellt, im Präsidium allerdings ist sie die einzige Frau. Die bald dreifache Mutter möchte mehr Frauen ermutigen, sich einzubringen. „Denn es hat so viele Vorteile“, meint sie. Zumindest versuchen könne man es und sich gegenseitig ansprechen und motivieren, so wie sie ihre Bekannte Isabel Suermann auf die Idee gebracht hat, zu kandidieren.