Veranstaltungsort Gaskessel: Monet zieht ins Visiodrom
Die Werke des Künstlers werden ab Frühjahr 2022 auf ganz besondere Weise präsentiert. Ex-Museumsleiter Gerhard Finckh ist als Experte mit an Bord.
Claude Monet hätte sich im Gaskessel vermutlich pudelwohl gefühlt. Schon zu Lebzeiten sei der weltberühmte Maler (1926 verstorben) an moderner Technik interessiert gewesen, erzählt Gerhard Finckh, ehemaliger Leiter des Von der Heydt-Museums und ausgewiesener Kenner des französischen Impressionisten. „Er war auch einer der Ersten in Frankreich mit eigenem Automobil und Chauffeur.“ Das Visiodrom, wie der Erlebnisraum des Gaskessels mit der Multimediashow seit diesem Jahr heißt, wäre deshalb auch für Monet ein Magnet gewesen. Ab dem nächsten Frühjahr wird der Franzose ins Heckinghauser Wahrzeichen „einziehen“: Geplant ist eine Ausstellung, die sein Werk auf spektakuläre Weise neu präsentieren wird. Die Ideen, die das Gaskessel-Team am Montag vorstellte, dürften jedenfalls nicht nur Kunstfans Lust auf mehr machen. Und mit Finckh hat man einen echten Experten ins Boot geholt.
2009 hatte der 69-Jährige für das Von der Heydt-Museum eine Monet-Ausstellung organisiert. 100 seiner Werke waren damals in Wuppertal zu sehen, 300 000 Besucher kamen. Ein voller Erfolg, der das Museum weit über die Stadtgrenzen hinaus strahlen ließ. Da ergab es natürlich Sinn für die Gaskessel-Macher, Finckh als wissenschaftlichen Berater zu verpflichten.
„Wobei“, betont Prokurist Christian wie alle anderen Beteiligten auch, „der Gaskessel keine Konkurrenz zu einem Museum werden soll.“ Im Gegenteil: Finckh und Co sehen es als Ergänzung. Ins Visiodrom bekomme man Leute, die normalerweise nicht ins Museum gingen - die nach dem Besuch in Heckinghausen aber vielleicht genau das dann machen.
Ideen gibt
es genug
Was bekämen sie denn im 66 Meter hohen Denkmal geboten? Aktuell liefen die Vorplanungen mit dem renommierten Pariser Studio für Video-Projektionsshows, Spectre Labs, das bereits für die aktuelle Show „Humans“ im Gaskessel verantwortlich ist, erzählt Höher. Ideen gibt es genug. Zum Beispiel, die 33 Werke umfassende Bilderserie „Die Kathedrale von Rouen“ an die Wände, Decken und - das ist neu im Gaskessel - auf die Böden zu bringen. „So wurden die 33 Bilder noch nie zusammen gezeigt“, freut sich Höher.
Die Präsentation, die Art, wie sie sich vermutlich nur im Gaskessel realisieren lasse, sei auch der Grund gewesen, warum Finckh mitmacht. „Nach einiger Skepsis“, wie er schmunzelnd erzählt. „Am Anfang“, sagt er offen, „habe ich mir das nicht vorstellen können.“ Ein Trip nach Paris gemeinsam mit dem Gaskessel-Team auf den Spuren Monets, habe ihn zunächst auch nicht umstimmen können. Doch nach und nach habe er erkannt, „was da möglich ist“. Man könne Monet nicht verbessern: „Aber neu erfinden.“
314 000 Euro gab es
aus Bundesmitteln
Im Gaskessel seien seine Werke auf unbekannte Weise zu erleben. „Anders, als wenn man nur vor dem Bild steht.“ Und die Aussicht, in die berühmten Seerosenteiche durch die Macht der multimedialen Illusion eintauchen zu können, reize ihn natürlich auch, sagt Finckh. „Mixed Reality“ nennt es Christian Höher. „Die Räume hier geben die Möglichkeiten vor.“
Die Präsentation im Gaskessel sei noch mal „ein Kick extra“, freut sich Finckh. Gerade auch für Kinder. „Die träumen hier einfach weg“, sagt er und zeigt in Richtung Obergeschoss, wo aktuell noch Humans läuft.
Die dazugehörige Fotoausstellung hat im Erdgeschoss ihre Heimat. Dort soll es dann ab Frühjahr eine Ausstellung zu Monet geben. Etwa mit einem zwölf Meter langen Zeitstrahl, der den Maler und sein Werk historisch einordnet. Denn auch, wenn die Unterhaltung im Vordergrund stehe, hebt Höher hervor: „Es wird kein Popcorn-Kino.“ Kulturwissenschaftlicher Anspruch soll da sein. Der Gaskessel sei eine Maschine, „die Wissen verbreitet.
Mit Monet wollen die Wuppertaler in die europäische Liga aufsteigen. „Und mit ihm schaffen wir das“, sind Höher und Dirk Emde, neben Thomas Drescher einer der beiden Geschäftsführer, sicher. Das Corona-Jahr sei wirtschaftlich kein einfaches gewesen.
Doch zum Beispiel die erste Bilanz zu Humans habe sehr froh gestimmt. 12 000 Besucher kamen in den ersten zweieinhalb Monaten in den Kessel, der mittlerweile auch offiziell „Wuppertal-Botschafter“ ist. „Davon 55 Prozent von außerhalb“, erzählt Emde stolz. Vor allem aus den großen Metropolen Köln, Düsseldorf und Essen reisen die Gäste an, was bei Sehenswürdigkeiten im Bergischen beziehungsweise in Wuppertal sicherlich nicht selbstverständlich sei.
Das Konzept des Leuchtturms mit überregionaler Strahlkraft scheint aufzugehen. Endlich? Das Ziel war schon zum Start 2019 ausgegeben worden, Corona bremste die Aktivitäten aber merklich aus. Doch jetzt soll es weiter aufwärts geben.
Ordentlich investiert werden muss dafür, auch wenn Höhe schmunzelnd einwirft, „dass wir hier natürlich keine Originale haben werden“. Da seien die Kosten alleine für die Sicherheit zu hoch. Doch auch passende Vorlagen für die spätere Show oder gute Replikate für die Ausstellung bekomme man nicht eben so.
Dass das funktioniert, machte auch eine Förderzusage aus Berlin möglich. 314 000 Euro gibt es aus Bundesmitteln. Für ein privates Projekt, wie es das in Heckinghausen ist, eher eine Ausnahme, sagt Helge Lindh. Der Wuppertaler Bundestagsabgeordnete hatte sich sehr für den Gaskessel eingesetzt. Für Monet übernimmt er die Schirmherrschaft.