Kaleidoskop Gastdirigent Elias Grandy leitet das Wuppertaler Sinfonieorchester souverän und intensiv

Wuppertal · Ravel und Sibelius – unterschiedliche Klangästhetik beim sechsten Sinfoniekonzert.

 Elias Grandy dirigierte am Sonntag das Sinfonieorchester Wuppertal in der Historischen Stadthalle.

Elias Grandy dirigierte am Sonntag das Sinfonieorchester Wuppertal in der Historischen Stadthalle.

Foto: Michael Mutzberg

Das 6.Sinfoniekonzert in der Historischen Stadthalle war, wie die Überschrift ankündigte, tatsächlich eine lebendig-bunte Bilderfolge, ein buntes Allerlei von Stimmen, Farben und Impressionen, eben ein Kaleidoskop. Das Sinfonieorchester Wuppertal präsentierte mit Maurice Ravel und Jean Sibelius zwei Komponisten, die in der Phase des „fin de siècle“ den damals beginnenden musikalischen Umbruch von der Spätromantik zur frühen Moderne mitgestalteten. Sibelius und Ravel trennten nur zehn  Jahre Altersunterschied, aber auf der Suche nach einer neuen Klangästhetik waren sie  recht unterschiedlich. Während Sibelius sich von Wagner prägen ließ und aus Überzeugung dem spätromantischen Lebensgefühl treu blieb, suchte Ravel, ähnlich wie seine französischen Zeitgenossen Debussy und Satie, neue Regeln und Klänge.

Sibelius lebte in der vom Ersten Weltkrieg weitgehend verschont gebliebenen finnischen Heimat seine Naturliebe und seinen Nationalstolz aus, folgte in dem hier aufgeführten Werk „Lemminkäinen op.22“ der überlieferten finnischen Mythologie, dem Volksepos „Kalevala“ und lehnte sich ästhetisch stark an   Wagners „Sigfried-Erzählung“ an. Ravels Werk „Le tombeau de Couperin“, von ihm 1919 für Orchester eingerichtet, spiegelt keine heile Welt wider, verarbeitete reale Kriegserlebnisse. Jeder der vier Sätze ist einem gefallenen Kriegskameraden gewidmet.

Märchenerzählung „Ma mère loye“ als stilistische Brücke

Die stilistische Brücke zwischen den beiden inhaltlich unterschiedlichen Werken bildet Ravels Märchenerzählung „Ma mère loye“, eine detailverliebte Klanggeschichte, den Kindern einer befreundeten Familie gewidmet und ursprünglich für Klavier zu vier Händen komponiert. 1908 wurde es vom Komponisten selbst für Orchester arrangiert.

Elias Grandy, Generalmusikdirektor und Gastdirigent aus Heidelberg, der dieses Konzert souverän leitete, folgte der Ravelschen Ästhetik und formte  sehr detailverliebt die fünf Sätze zu einer märchenhaften Fantasiewelt, die mit Figuren wie Dornröschen, der kleine Däumling, einer grünen Schlange oder einem paradiesischen Garten in eine (fast noch spätromantische)  Märchenwelt eintaucht und Kindheitserinnerungen wachruft (Judith Schor, Programmheft). Die Sinfoniker glänzten mit feinfühlig „gemalten“ Klangfarben, ihre impressionistische Tonmalerei geleitete den Hörer durch eine zauberhafte Traumwelt, voll Innigkeit und kindlichem Staunen.

Viel ernster dagegen begegnete einem  Ravels „Grabmal Couperin´s“. Andacht und Trauer im Gedenken an die Kriegsgefallenen schwang wie ein Schatten immer mit, und trotzdem schaffte es Ravel, auch beschwingte, wohlklingende, im „Rigaudon“ tatsächlich auch humorvolle Gesten zu platzieren, vermutlich in Erinnerung an schöne, vergangene Zeiten.

Grandy dirigierte mit intensiven Gesten, das Orchester folgte ihm hier wie auch im letzten Werk von Sibelius mit beeindruckender Präzision. Man erlebte mit Sibelius Klangepos einen „finnischen Weg“, geprägt von landeseigener Folklore. Naturbeschreibungen und Figuren, basierend auf der  Nationaldichtung „Kalevala“ formten eine emotionale, spätromantische Musik. Die hier dargestellte heile Welt, weit entfernt vom kriegsbelasteten Frankreich, stellte sich mit wunderbarer Klangmalerei dar, angelehnt an Wagnersche Klänge, ausdrucksstark und feinfühlig von den hervorragenden Streichern und Bläsern gestaltet.  Landschaftsmalerei vom Feinsten. Einem strahlenden Finale mit kräftigen Pauken und grandiosem  Orchesterklang folgte ein fulminanter Applaus mit Bravorufen und „standing ovations“.

» Das Sinfonieorchester Wuppertal zelebrierte unter  Leitung  von  Elias Grandy eine „fin de siècle“- Musik der besonderen Art. Die fast gleichaltrigen Komponisten Ravel und Sibelius verkörpern mit ihren unterschiedlichen Stilen das besondere Flair dieser Umbruchzeit. Am Montag 14. Februar, 20 Uhr, wird das Konzert in der Historischen Stadthalle wiederholt.