Gemüse-Connection: Ex-Amtsarzt im Visier

Nach den Geständnissen des Amtsrats W. und des Gemüsehändlers „Onkel Mehmet“ wird auch gegen einen früheren städtischen Mediziner ermittelt.

Wuppertal. Der Skandal ist eigentlich schon groß genug: Über Jahre sollen ein Fachbereichsleiter im Ausländeramt, Michael W. (57), und ein als "Onkel Mehmet" (54) bekannter Gemüsehändler aus Elberfeld Aufenthaltsgenehmigungen für vorwiegend türkische Staatsbürger gegen Schmiergeld regelrecht verkauft haben. 130.000 Euro soll jeder der beiden so zusätzlich "verdient" haben.

Die beiden Angeklagten sind auch im öffentlichen Strafprozess geständig. Mit Scheinehen, falschen Adressen und vor allem mit gefälschten Attesten hätten sie von 2007 bis 2009 dafür, dass drohende Abschiebungen vermieden werden konnten. Vor allem die Rolle der Ärzte interessiert die Ermittler. Gegen vier Mediziner aus dem bergischen Land wird ermittelt. Ein Mann auf dieser Liste der Staatsanwaltschaft war von Anfang 2002 bis zum 31. Dezember 2008 als Abteilungsleiter im Sozialpsychiatrischen Dienst der Stadt Wuppertal als Angestellter tätig.

Was wusste der Arzt von der Gemüse-Connection seines damaligen Amtskollegen W.? Heute, am zweiten Prozesstag gegen Onkel Mehmet und den suspendierten Amtsrat, fiel der Name dieses Arztes gleich mehrfach. W. versuchte bei Nachfragen der Staatsanwaltschaft den Ex-Amtsarzt aus der Schusslinie zu nehmen. Ja, der städtische Mediziner habe in mehreren Fällen seine "getürkten" Atteste zur Prüfung von Amtswegen bekommen. Der Amtsarzt habe aber nicht wissen können, dass er da ein "faules Ei" - O-Ton W. - untergeschoben bekommen habe. Und: Im Gegensatz zu drei weiteren Ärzten, die die Fahnder im Visier haben, gibt es bisher keine Hinweise darauf, dass der Ex-Amtsarzt für falsche Atteste der türkischen "Kunden" der Gemüse-Connection Geld genommen hat.

W. räumte heute allerdings ein, dass er nicht wisse, ob der Amtsarzt seinerzeit die von "Onkel Mehmet" vermittelten Patienten tatsächlich nochmals untersucht hat. Dass der damalige Amtsarzt die Atteste abnickte, erklärt sich W. damit, dass er dem Kollegen quasi auf Augenhöhe zuvor den Hinweis gegeben habe, dass das Ausländeramt keine Bedenken an der Richtigkeit der entsprechenden Atteste habe. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen den Ex-Amtsarzt sind noch nicht abgeschlossen. Nach WZ-Informationen gab es keine stadtinterne Untersuchung gegen den Mediziner. Der Mann soll von sich aus gekündigt haben, um sich in unmittelbarer Nachbarschaft zu Wuppertal selbständig zu machen.

Der Prozess gegen Amtsrat W. und "Onkel Mehmet" wird am Donnerstag fortgesetzt. Dann werden die Plädoyers und das Urteil erwartet.