Wuppertaler Auslese Gesa Jürgensen spricht über den totgesagten Buchhandel und warum die Buchpreisbindung so wichtig ist
Wuppertal · Im Podcast-Interview erzählt Gesa Jürgensen, wie sich der Buchhandel gewandelt hat, was sie mit dem Preisgeld des Deutschen Buchhändlerpreises macht und was die Wuppertaler aktuell besonders gerne lesen.
Kaum zurück von der Preisverleihung und 28 Grad Hitze in Stuttgart – und schwupp, sind Gesa Jürgensen und ihr Team schon im Weihnachtsmodus und packen Adventskalender ins Schaufenster der Buchhandlung Jürgensen an der Vohwinkeler Straße. Doch was nun ebenfalls das Schaufenster unter der Schwebebahn schmückt: Die Urkunde, die das Geschäft als „hervorragende Buchhandlung“ auszeichnet und ihm obendrein einen Geldregen von 7000 Euro als Prämie beschert hat. Übergeben wurde die Auszeichnung von Kulturstaatsministerin Claudia Roth bei einem Festakt in Stuttgart Anfang Oktober.
„Das war ein unglaubliches Fest und wir haben das alles sehr, sehr genossen, das war richtig toll“, erzählt Gesa Jürgensen in der neuen Podcast-Folge der „Wuppertaler Auslese“. Dabei hatte sie gar nicht vorgehabt, sich zu bewerben – doch ihre Mitarbeiter hätten nicht locker gelassen. Anfang August kam dann die Mail mit der Benachrichtigung, dass Buchhandlung nominiert sei. „Da ist mir alles aus dem Gesicht gefallen, da hab ich überhaupt nicht mit gerechnet. Das war wirklich eine absolute Überraschung und wir waren mega aufgeregt“, erzählt sie.
Mit den 7000 Euro Preisgeld sollen nun kommende Veranstaltungen der Buchhandlung finanziert werden. Denn bei der Buchhandlung Jürgensen geht es nicht nur um den Verkauf von Büchern. Vielmehr versteht sich die Buchhandlung auch als kultureller Ort, an dem man lesen, schmökern, sich austauschen und in andere Welten abtauchen kann. Darüber hinaus veranstaltet die Buchhandlung auch immer wieder Lesungen, meist im Vohwinkeler Bürgerbahnhof – und unterstützt so auch hiesige Literaturschaffende, kleine Verlage und selbstständige Autoren. Das sei im Übrigen auch bei der Bewerbung für den Buchhandlungspreis abgefragt worden. Die Buchhandlung Jürgensen hat in diesem Jahr nicht nur aufgrund des Deutschen Buchhandlungspreises etwas zu feiern: Ebenso feierte das Geschäft sein 50-jähriges Bestehen.
1973 eröffneten die Eltern von Gesa Jürgensen eine Leihbücherei, damals noch an der Rubensstraße. Spätestens nachdem sie den ersten Krimi von Agatha Christie gelesen hatte, kam sie auch nicht mehr von Büchern weg, gehörte sie zu den „Lesesüchtigen“, schmunzelt sie. Seit sie klein war, hat Gesa Jürgensen die Veränderungen im Buchhandel beobachten können, war mittendrin. „In den letzten 20 Jahren hat es eine rasante Veränderung gegeben. Die elektronischen Medien sind viel wichtiger geworden, aber trotzdem finde ich, dass wir uns ganz wacker halten“, sagt sie.
Der Buchhandel ist schon
oft totgesagt worden
So sei der Buchhandel immer wieder totgesagt worden. „Das gedruckte Buch ist schon so oft zum Sterben verurteilt worden, sei es, als das Fernsehen kam, das Hörbuch. Dann kam der E-Book-Reader – und wir sind immer noch da“, sagt sie. Was sie aber merke, sei, dass die Verbindung, die man zuvor als Leser mit einem Buchcover und einem Klappentext entwickelt habe, nicht mehr so geknüpft werde, wenn man ein E-Book lese. Natürlich sei ein E-Book-Reader etwa für den Urlaub unschlagbar, da man so zahlreiche Bücher mitnehmen könnte, ohne seine Koffer voll mit Literatur zu packen. Aber etwas anderes sei es, wenn man ein Buch lese, es auf dem Tisch liegen habe. Man sieht das Buch an, hat die Geschichte im Kopf.
„Genussvoll lesen, das funktioniert nur, wenn ich etwas in der Hand habe. Etwas, das raschelt und duftet und wo ich einen Klappentext, vielleicht mit einem Foto vom Autor, habe. Das ist Eintauchen in andere Welten, das kann ich nur so“, ist sie überzeugt.
Doch wie zahlreiche andere inhabergeführte Geschäfte sieht sich die Buchhandlung Jürgensen auch mit der Konkurrenz durch große Ketten konfrontiert. „Da muss ich ein ganz großes Lob an unsere Bundesregierung und auch an Europa ausrichten, dass wir die Buchpreisbindung haben“, sagt sie. „Die Bücher kosten in Deutschland überall gleich, das ist einfach sensationell.“ So müssen sich kleinere Buchhandlungen nicht in Preiskämpfe stürzen – und haben eine Chance, gegen die großen Ketten zu bestehen.