Geschichten vom Flohmarkt: Ein Stand als Umzugshelfer

Babsi geht nach Reutlingen und hat zuvor aussortiert. Ein Großteil landet auf dem Trödeltisch.

Vohwinkel. Die Wildsau ist nicht im Angebot. Sie war irgendwann buchstäblich aus dem Rahmen gefallen: „Mein Uropa hat das Tier selbst geschossen“, sagt Babsi und schaut ein bisschen verzweifelt auf den riesigen, schweren Holzrahmen, der viele Jahrzehnte höchst dekorativ den präparierten Schweinekopf umrahmt hatte. Die Trophäe ist längst hinüber, und nun kommt auch der verzierte Holzrahmen weg. Am Sonntag, auf dem Vohwinkeler Flohmarkt — definitiv. Gemeinsam mit fast zwei Autoladungen weiteren Hausrats, denn Babsi musste ausmisten.

Das große Wochenende mit Vohwinkel-Tag und Nachbarschaftsfest am Samstag und dem größten Trödelfest weit und breit am Sonntag bietet ideale Voraussetzungen für den Frühjahrsputz im Herbst: Die Wuppertalerin geht für ein Jahr beruflich nach Baden-Württemberg und hat schweren Herzens den Inhalt ihrer 84-Quadratmeter-Altbauwohnung auf mehrere Keller von Freunden und Bekannten verteilt: „In Reutlingen habe ich ein möbliertes Zimmer, 14 Quadratmeter.“ Da bleibt nicht viel Platz, und so wird Babsi beim Trödelspektakel am Sonntag gemeinsam mit einer Freundin die Nacht zum Tag machen.

Die beiden sind auf der Festmeile in bester und vor allem zahlreicher Gesellschaft: „Der 41. Vohwinkeler Flohmarkt ist ausverkauft“, melden die Flohmarkt-Veranstalter der Arbeitsgemeinschaft Vohwinkeler Vereine. Mehr als 400 Stände auf rund zwei Kilometern Strecke sind ab Mitternacht im Stadtteilzentrum aufgebaut, bieten Ansehnliches und Ausrangiertes — so, wie Babsis überzähliger Hausrat einen Großteil ihres Sortiments ausmacht.

Babsi, motivierte Trödelhändlerin

Dabei handelt es sich um „viele Bücher, eine 20-teilige Enzyklopädie, Klamotten ohne Ende und jede Menge Geschirr“, zählt Babsi auf, „ich hab’ allein drei Kaffeeservice im Angebot.“ Alle sind entbehrlich. Schwerer fällt da schon der Verkauf des riesigen braunen Teddybären aus Babsis Kindheit: „Auch davon muss ich mich trennen, das geht leider nicht anders.“

Einlass für die Hobbytrödler ist wie immer um null Uhr in der Nacht zum Sonntag, dann werden auf der Kaiserstraße zahlreiche Autos ausgeladen und die Stände aufgebaut. Bis sechs Uhr morgens müsse alle Fahrzeuge das Festgelände verlassen haben.

Dann gehört Vohwinkels Hauptverkehrsstraße den Flohmarkt-Fans. Rund 200 000 Besucher werden wieder im Stadtteilzentrum erwartet, die Schwebebahn pendelt tagsüber im Drei-Minuten-Takt zwischen Festmeile und Oberbarmen. Um 11 Uhr am Sonntagvormittag wird der Vohwinkeler Flohmarkt auf dem Lienhardplatz offiziell eröffnet — doch bis dahin sind viele Schnäppchen längst gemacht.

Wenn es klappt, geht Babsi am Sonntag nach erfolgreichem Verkauf in ihrem Drei-Meter-„Flohmarkt-Shop“ buchstäblich erleichtert heim und kann mit etwas mehr Startkapital ihre Fahrt nach Reutlingen antreten. „Obwohl ich die Befürchtung habe, es könnte regnen.“ Doch egal, wie das Trödelgeschäft läuft — eines ist klar: „Ich nehme nix mit nach Hause. Was nicht verkauft wird, kommt zum Sperrmüll.“