Gipfeltreffen der Jazz-Szene

Das Konzert-Format „Wuppertal Jazz Workshop“ soll eine alte Tradition neu beleben, erklärt Wolfgang Schmidtke.

Foto: Süleyman Kayaalp

„Wuppertal Jazz Workshop“ heißt ein neues Konzertformat, das erstmalig am 28. Januar um 18 Uhr im Café Ada präsentiert wird. Drei Generationen Wuppertaler Jazzmusiker — Peter Brötzmann, Wolfgang Schmidtke und Peter Babik — begegnen dann ihren rheinischen Kollegen Dieter Manderscheid und Peter Weiss. Sie wollen eine Tradition fortführen und neu beleben, die vor über 50 Jahren hier ihren Anfang nahm. Die WZ sprach mit Schmidtke über das Konzept.

Ist der Titel des Projekts „Wuppertal Jazz Workshop“ nicht irreführend?

Wolfgang Schmidtke: Der Titel ist wohlüberlegt und steht für zwei Dinge. Zum einen ist es eine Reminiszenz. Einer der für mich bedeutendsten Jazzmusiker ist Charles Mingus, der seine Bands unter dem Namen „Charles Mingus Jazz Workshop“ präsentierte. Und warum hat er das getan? Workshop ist primär kein Begriff für Seminar/Lehrgang. Workshop steht für eine Situation, in der eine Gruppe von Menschen für eine begrenzte Zeit intensiv an einem Thema arbeitet. Und genau das machen wir mit „Wuppertal Jazz Workshop“. Wir wollen innerhalb von recht wenigen Tagen ein Thema formulieren und auf der Bühne präsentieren. Wie kam es zu diesem Projekt?

Schmidtke: Wuppertal hat bekanntlich einen gewissen Namen in der Geschichte des Jazz. Mir ist das in den letzten zehn Jahren sehr bewusst geworden, da ich im Rahmen der Arbeit mit dem „Jazzpool NRW“ häufig mit den besten Musikern der jungen Generation zu tun habe. Das sind Leute, die über ein Handwerk und technische Fähigkeiten verfügen, die es vor zwanzig Jahren in Deutschland nicht gab. Und auffällig ist, dass die besten von ihnen eine große Bewunderung für die Lebenswege der Wuppertaler Free Jazz-Leute haben, weil sie den Mut hatten, in den 60ern einen gänzlich ei-genen Weg einzuschlagen. Diese Tradition ist ein Pfund, das unbedingt bewahrt und gepflegt sein will: der Wuppertaler Weg, den Jazz zu spielen. Dankenswerter Weise hilft uns jetzt die Jackstädt Stiftung, die Idee wirklich umzusetzen. Warum haben Sie sich für diese Musiker entschieden?

Schmidtke: Auf keinen Fall sollen es Bands sein, die nur aus Wuppertalern bestehen. Das liefe dem Kerngedanken dieser Kunstform zuwider, Begegnungen schaffen. Außerdem würde es außerhalb der Stadt niemanden interessieren. Wir haben deshalb zwei Persönlichkeiten gewählt, die beide einen immensen Einfluss auf die Szene haben. Geradezu alles, was in Düsseldorf an Jazz geschieht, hat mit Weiss zu tun. Und Manderscheid ist nicht nur einer der besten Bassisten, sondern als Leiter der Jazzabteilung der Kölner Musikhochschule vielleicht der wichtigste Jazzpädagoge Deutschlands.

Und wie kommt es zu dieser Besetzung?

Schmidtke: Die Besetzung der Band ist ein klassisches Jazzquintett: Klavier, Bass, Schlagzeug, zwei Blasinstrumente. Natürlich spielen wir damit alles andere als klassische Jazzmusik, aber das „Jazzding“ ist in jedem Moment präsent! Ich neige ernsthaft zu der Formulierung: Jazz ist die Musik von Louis Armstrong und Peter Brötzmann…

Die fünf Musiker pflegen einen jeweils anderen Stil. Ist das Aufeinandertreffen verschiedener Genres wichtig?

Schmidtke: Ja, Reibung erzeugt Energie. Weiss hat in einigen der besten Straight-Ahead-Bands Deutschlands gespielt. Babik ist ein primär rhythmisch agierender Mensch mit entsprechend reichen Erfahrung in den Bereichen Funk und R&B. Brötzmann ist der bedeutendste Vertreter des sogenannten Free Jazz. Wie soll das alles zusammen gehen? Ganz einfach: Jeder steht zu dem, was er ein Leben lang gemacht hat, und hat parallel dazu ein paar offene Ohren und keine Angst vor unbetretenem Terrain.

Ist dieses Vorhaben eine Ein-tagsfliege oder sind weitere Veranstaltungen beabsichtigt?

Schmidtke: Wir spielen vier Konzerte: in Berlin, Düsseldorf, Wuppertal und Köln. Das ist ein echtes Statement und wird sicher beachtet werden. Und ja, es soll weiter gehen mit dem Projekt. Versprechen Sie sich etwas für Wuppertal?

Schmidtke: Natürlich verspreche ich mir davon etwas für Wuppertal. Der neue Weg der Wuppertaler Musiker entstand in etwa zur gleichen Zeit wie der neue Weg des Tanzes. Was wäre aus Pina Bausch geworden, wenn ihr niemand ein fest strukturiertes Tanztheater gegeben hätte? Oder eben der Gedanke, wie es mit dem Jazz aus Wuppertal weiter gegangen wäre, hätte man diese Art von zeitgenössischer Kultur konsequent gefördert. Für die Kraft und Bedeutung der Musiker damals spricht, dass es trotzdem zu einer internationalen Bedeutung kam. Ich denke, es ist höchste Zeit, konsequent und auf Topniveau weiter zu arbeiten. Die Szene hat sich seit den 70ern extrem geändert. Der Hammer hängt höher denn je. Aber die Wertschätzung der Jazzszene ist da. So spricht nichts dagegen, etwas unter dem Namen Wuppertal für Wuppertal zu tun.