Happy Power Hour muss sich jetzt in der Praxis bewähren

WSW und Universität wollen gemeinsam mit Unternehmen aus Wuppertal Preisschwankungen auf dem Strommarkt ausnutzen.

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Wuppertal. Vor einem Jahr lief das Projekt Happy Power Hour an. Es wurde von den Wuppertaler Stadtwerken in Zusammenarbeit mit der Bergischen Universität mit dem Ziel gestartet, den Stromverbrauch in der Industrie besser auf die Erzeugungszeiten der erneuerbaren Energien anzupassen. In diesen Tagen erhält so manches Wuppertaler Unternehmen Besuch von der NetSystems GmbH. Sie installiert modernste Mess- und Regeltechnik, die den Stromverbrauch intelligent regeln kann. Das alles ist für die Firmen kostenlos, denn die Technik wird im Rahmen des geförderten Projekt Happy Power Hour verbaut.

Wenn man Strom nicht speichern kann, muss man ihn eben sofort verbrauchen. Zu viel Strom - ein Luxusproblem. In den Anfängen der Energiewende dachte wohl kaum jemand an diese Art der Herausforderung. Erneuerbare Energien decken heute etwa 30 Prozent des deutschen Stromverbrauchs. Ein riesiger Erfolg, auch wenn noch viele Fragen offen sind. Denn um die Kette des grünen Stroms von der Erzeugung bis zum Verbrauch zu schließen, müsste es eigentlich riesige Energiespeicher geben, in denen der Stromüberschuss, der an sonnigen und windigen Tagen entsteht, gespeichert wird. Bis heute ist dafür keine bezahlbare Technologie in Sicht.

Eine pfiffige Antwort auf diese Frage liefert das Forschungsprojekt Happy Power Hour. „Wenn die Erzeugerseite eine so hohe Flexibilität aufweist und Speicherung nicht möglich ist, ist es nur logisch, auf der Verbraucherseite gleichfalls für hohe Flexibilität zu sorgen.“, sagt Jan Meese vom Projektführer Universität. Zusammen mit den Wuppertaler Stadtwerken und drei weiteren Partnern untersucht die Universität die Möglichkeiten, Stromverbräuche in der Industrie flexibler zu gestalten.

Das intelligente Stromnetz entsteht in Wuppertal

Anfang 2016 begonnen, hat das Projekt in diesen Tagen die Phase der technischen Umsetzung erreicht. Das Grundprinzip erinnert ein wenig an die Tag- und Nachtstromtarife für die Nachtspeicheröfen von früher. Um den Strom, der nachts in den Kraftwerken produziert wurde, verkaufen zu können, senkte man den Preis. Das war günstiger, als das Kraftwerk herunterzufahren. Heute wird der Strom an Börsen in Leipzig und Paris gehandelt und unterliegt dort starken Preisschwankungen.

An sonnigen Tagen mit viel Wind gibt es so viel davon, dass es sogar zu negativen Preisen kommen kann. „Dies sind genau die Momente, an denen wir als Versorger den Strom gerne einkaufen und günstig an unsere Kunden weitergeben möchten“, sagt Andy Völschow von den WSW. Das senke die Stromkosten für die Unternehmen und passe den Stromverbrauch der für erneuerbare Energien typischen Erzeugungsstruktur an.

Dafür müssen die Unternehmen aber wissen, wann sie welchen Strom benötigen und welche Potenziale sie selber besitzen, um zeitnah mehr Strom zu verbrauchen. Auch hier leistet die Happy Power Hour Pionierarbeit: „Schaut man genau hin, können etwa 10 bis 15 Prozent der Stromkosten eingespart werden“, ist Jan Meese überzeugt.

Kühlhäuser können mit guter Planung stärker heruntergekühlt werden, Vorprodukte durch zeitliche Verschiebung günstiger produziert werden.

„Bisher wussten wir nur, wie viel Strom ein Unternehmen in der Vergangenheit verbraucht hat. Durch die neue Technik wissen wir auch, warum und wofür dieser Strom verbraucht wurde und können den zukünftigen Bedarf abschätzen“, erklärt Andy Völschow. Die Firma Stahlwille aus Cronenberg vermisst ihre Prozesse seit Dezember mit der neuen Technik.

„Wir untersuchen zurzeit, welche Prozesse wir wie schnell verschieben können. Das ist ein spannender Prozess für uns. Da lernen wir uns auch selber noch einmal neu kennen“, berichtet Sigfried Kern.

Jochen Stiebel (Neue Effizienz), ebenfalls Projektpartner, betrachtet die psychologische Seite: Durch das Projekt entstünde ein neues Bewusstsein in den Köpfen der Verantwortlichen für den eigenen Stromverbrauch. „Und die gewonnenen Daten sind eine sehr gute Grundlage für kontinuierliche Verbesserungen, wie sie beispielsweise Zertifizierungen fordern“, so Stiebel.