Heilige Ewalde: Aus für das Zeltlager
Das Team der Heiligen Ewalde hat nicht genügend Freiwillige als Betreuer gefunden.
Cronenberg. Irgendwo im Nirgendwo haben sie 22 Jahre lang ihre Zelte aufgeschlagen. Erkundungstouren in die Nachbarschaft, Nachtwanderungen und Lagerfeuer mit Stockbrot machten die zwei Wochen Lagerleben in den Sommerferien für die Kinder zum Abenteuer und für die Betreuer zum Gemeinschaftserlebnis unter Freunden. Doch diesmal bleiben die Heringe erstmals auf dem Trockenen, das Zeltlager der Katholischen Kirchengemeinde Heilige Ewalde ist Geschichte.
„Wir mussten diese Entscheidung so treffen weil wir nicht genug freiwillige Helfer gefunden haben, um ein Betreuerteam zusammen zu stellen“, sagt Martin Geier. Für den verantwortlichen Leiter ist es das Ende einer Ära. „Das bedaure ich sehr, denn ich habe das Zeltlager 20 Jahre lang mitbetreut und insgesamt ein Jahr meines Lebens dort zugebracht.“ Denn zu den zwei Wochen Lageridylle gesellten sich Auf- und Abbauphasen sowie unzählige Vorbereitungstreffen und Erkundungsfahrten.
Dieses organisatorischen Gesamtpaket ist ein Teil des Problems. „Es erfordert ein Team, das sich während der Sommerferien mindestens drei Wochen lang ehrenamtlich engagiert. Doch dafür fehlt den meisten Leuten inzwischen die Zeit“, berichtet Martin Geier. Die meisten Schüler seien durch G8 zu sehr eingespannt und durch das vorgezogene Abitur kaum noch als Betreuer zu gewinnen, Studenten hätten durch das reformierte System an der Uni kaum noch Planungssicherheit und Auszubildende häufig kaum Chancen, in dieser Zeit ihren Jahresurlaub zu nehmen. „Es gab viele Leute, die Interesse gehabt hätten, als Leiter mitzufahren, der Mangel an Zeit hat es ihnen aber nicht erlaubt.“
Bis zuletzt hatten die führenden Köpfe des Teams gehofft, die Veranstaltung noch retten zu können, doch schließlich mussten sie sich von dieser Idee verabschieden. „Das war ein sehr trauriger Moment. Dennoch war es die richtige Entscheidung, denn mit einer so kleinen Leiterrunde war es nicht zu verantworten“, sagt Kathrin Schäfer. Sie ist schon als Kind mit ins Zeltlager gefahren, hat dann die Rolle gewechselt und war in den vergangenen Jahren als Betreuerin mit dabei.
„Zwei Wochen draußen zu sein, Gemeinschaft zu erleben und für die Kinder eine Vertrauensperson zu sein, das hat mich immer wieder begeistert“, berichtet die 28-Jährige. Der soziale Aspekt war jedoch auch ein entscheidender Teil ihrer Motivation. „Den Kindern eine schöne Zeit zu schenken und als Team etwas auf die Beine zu stellen, war mir wichtig.“
Nur allzu gerne erinnert sie sich an ihre erste Fahrt ins Zeltlager. „Da war ich neun Jahre alt und natürlich sehr aufgeregt, das erste Mal ohne Eltern zu verreisen.“ Die Trompete, die alle damals um 7.30 Uhr aus den schönsten Träumen riss, die Lager-Olympiade, die Ausflüge in die Stadt, die Nachtwanderung, die Lieder am Lagerfeuer und die vielen Workshops von Ketten knüpfen bis Holzboote schnitzen, gehörten für sie zu den Höhepunkten. „Es war wie in einer Familie, in der Werte vermittelt wurden und in der ich mich immer aufgehoben gefühlt habe.“
Sie hat dort Freundschaften geschlossen, die bis heute halten. Deshalb würde Kathrin Schäfer sich wünschen, dass sich irgendwann wieder eine Gruppe junger Leute findet, die das Zeltlager erneut errichtet. Das wünscht sich auch Martin Geier. Der 38-Jährige hatte zwar in der Vergangenheit schon mal darüber nachgedacht, sich langsam aus der Verantwortung zurückzuziehen, „doch nicht so“.
Für ihn bleiben viele kleine Augenblicke in Erinnerung. „Besonders schön waren die Momente, in denen Kinder, die das erste Mal dabei waren und niemanden kannten, Freunde gefunden haben.“ Die Fußballspiele, bei denen zuletzt alle dabei waren, Gute-Laune-Mienen trotz Regenwetter, Lieder am Lagerfeuer und Abschiedsszenen am Bus. „Die Kinder durften zwei Wochen einfach nur Kind sein. Sie haben die Natur entdeckt und bewusst auf alle elektronischen Medien verzichtet.“ Das Zelten irgendwo im Nirgendwo war Abenteuer genug.