Ausstellung Heute ist die Finissage in Wuppertal: Vom großen Schaffen einer kreativen Mutter

Wuppertal · Vor über einem Jahr starb die Wuppertaler Künstlerin Hiltrud Meusel. Anlass für ihre Kinder, ihrer und ihres künstlerischen Werks zu gedenken und gleichzeitig Abschied zu nehmen von ihrem Elternhaus.

 Die Kinder der Familie Meusel gedenken ihrer Mutter.

Die Kinder der Familie Meusel gedenken ihrer Mutter.

Foto: ANNA SCHWARTZ

Das Architektenhaus in Langerfeld am Grumberg, erbaut von Ehemann Georg, war für Meusel 57 Jahre lang ihr Zuhause. Hier lebte sie mit ihrer achtköpfigen Familie. Geboren 1934 in Wuppertal, nahm sie Kunstunterricht bei Walter Bernuth, Heinrich Röder und Paul Weißhuhn und studierte Kunsterziehung und Germanistik in Tübingen.

Der Titel der Ausstellung „Mein Haus hat viele Räume“ steht sinnbildlich für ihr vielschichtiges Werk. Gezeigt werden Arbeiten aus unterschiedlichen Schaffensperioden. Dabei wird bewusst nicht auf Perfektion gesetzt, sondern die Gegebenheiten der nun leeren Räume und unrenovierten Wände werden aufgegriffen. Auffallend ist die große Bandbreite an unterschiedlichen künstlerischen Techniken und Motiven. Die Bilder geben einen guten Einblick in ihre Lebensthemen und Gedankenwelten. „Einfluss hatte ihre Schulzeit an einer Waldorfschule mit ihrer Naturphilosophie“, sagt Sohn Titus Meusel.

Sie beschäftigte sich mit der Theosophie, mit den großen Dichtern und Philosophen. „Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können. Ich sage euch: Ihr habt noch Chaos in euch“. Dieser Spruch aus „Also sprach Zarathustra“ von Friedrich Nietsche regte sie zu dem farbenfrohen Bild „Tanzender Stern“ an. Hiltrud Meusel war auch Musikpädagogin und Lyrikerin. Ihre Werke sind oft von Lyrik inspiriert. In der Ausstellung hängen Gedichte unter anderem von ihr, Rilke, Mascha Kaleko oder Christine Lavant, die sie persönlich kannte und schätzte. Gedichte und Sprüchen setzte sie in eine passende Form- und Farbenpracht um. So entstanden viele Aquarelle mit unterschiedlichen naturalistischen Motiven. Von ersten Zeichnungen aus den 1950er-Jahren bis zu letzten Bildern, kurz vor ihrem Tod entstanden, werden liebevoll zusammengestellte Arbeiten gezeigt. Ihre spätere Kunst wird dann abstrakter, die naturalistischen Abbildungen scheinen gegenüber der Farbe und Komposition an Bedeutung zu verlieren.

Tierzeichnungen spiegeln
die liebe zu Tieren wider

In einem weiteren Raum sind ihre Materialbilder zu finden. Ob Papier, Stoffe, Sand, Bänder, Stroh oder Muscheln: Sie konnte alles verarbeiten. Figürliche Aktzeichnungen und Bewegungsstudien sind im Flur zu sehen. Tierzeichnungen spiegeln die Liebe der Familie zu den Tieren wider, in der Kammer hängen Linol- und Holzschnitte. Meusel war Wegbereiterin, Impulsgeberin und Vorbild. Als langjährige Vorsitzende im BBK Bergisch Land (Berufsverband bildender Künstlerinnen und Künstler) organisierte sie vor allem Kunstausstellungen in der Bandfabrik. Mit zwei Kolleginnen bestitt sie mehrere Jahre die „Bergische Dröppelmina“. „Sie war Wuppertalerin mit ganzem Herzen“, betont Tochter Thekla Meusel. Sie unterrichtete, gab ihr Wissen und Können gerne weiter. Ein besonderes Herz hatte sie für Kinder, bot für sie im Künstleratelier Werktor III offene Zeichen- und Malkurse an. Mit der Galeristin Christine Ostermann war sie eng verbunden, pflegte ein dichtes Künstlernetzwerk.

Sie war neugierig, positiv denkend, offen und zugewandt. „Dieses Interesse kommt aus ihrer Wesensart – alles, was das Zwischenmenschliche, das Wachsen und Werden beinhaltet, erspürt sie“, berichten ihre Kinder und geben mit der besonderen Ausstellung einen „Eindruck wieder von Liebgewonnenem, Aufgehobenem, Notiertem, Skizziertem, Experimentellem – vom großen Schaffen unserer Mutter.“ Sie wollen ihr künstlerisches Erbe zusammenhalten, denn „Kunst war ihr ein Bedürfnis und schöpferisch tätig zu sein, ihr Lebensinhalt“ und vielleicht findet sich ein Platz für die vielfältigen Werke der Wuppertaler Künstlerin, die es so ausdrückte: „Kunst verleiht Flügel – Grenzen von Worten, Philosophien und Religionen werden aufgelöst – Frei schwingt Kunst, über Grenzen in Unbekanntes, bewegt und erfüllt unsere Seele.“