Unterwegs im Quartier Historische Fassaden in voller Blüte
In der Cronenberger Altstadt sind die schmucken Häuser sehr gepflegt. Entlang der Hauptstraße geht es hektischer zu.
Cronenberg. Das Zentrum Emmaus bleibt links liegen, das stete Verkehrsrauschen der Hauptstraße tritt mit jedem Schritt weiter in den Hintergrund. Gleichzeitig gewinnt das Vogelgezwitscher an Dynamik. Von einem sachten Piano schwillt es in einem Crescendo zu einem fulminanten Forte an. Einer der verborgenen Sänger beendet gerade sein Solo mit einem kunstvollen Triller und wie eine Antwort setzt die Zweitstimme ein. Das leise Rascheln der Blätter im leichten Wind wirkt wie die Begleitung eines Streichorchesters.
Der kleine Park am Ehrenmal lädt dazu ein, den Augenblick zu verweilen und zu lauschen. Der feine Kies knirscht unter den Schritten, der würzige Duft nach frisch gemähtem Gras kitzelt in der Nase. Auf einer der Bänke im Schatten der eindrucksvollen Rotbuchen sitzt jemand und liest. Irgendwo schlägt eine Kirchturmuhr, nur einmal — ein satter, tiefer Ton, der lange nachhallt. Alles wirkt friedlich, eine grüne Idylle in zentraler Lage.
Zwischen den Zweigen taucht der markante Zwiebelturm der Reformierten Kirche auf. Die breite Straße, die um den kleinen Park herumführt verengt sich allmählich zu einer kleinen Gasse, von Fachwerkhäusern gesäumt. Eine üppig blühende rote Rose rankt an einer der schmucken Fassaden hoch.
Wenige Schritte weiter fällt der Blick in einen kleinen Innenhof. Umrahmt von verschachtelten Giebeln haben Rosen, Lavendel und Hortensien ihre Blüten geöffnet, herzförmiges Efeu hangelt sich den Zaun entlang. Der hölzerne Tisch und die vier Stühle scheinen nur auf Besucher zu warten.
Die Straße „An der Hütte“ knickt anschließend nach rechts ab. Entlang der historischen Holzfassaden reihen sich unter den grünen Fensterläden Blumenkästen eng aneinander. Neben bunten Stiefmütterchen stehen dort Sonnenblumen Spalier. „Seitdem meine Mutter einmal vor Jahren bei einem Wettbewerb mitgemacht hat, zieht sie immer wieder welche groß“, erzählt Christina Breidenbach-Kerber. Sie hat gerade vor ihrer Haustür gekehrt, hält inne und betrachtet, auf den Besenstiel gestützt, die grüne Parade. „Viele Cronenberger gehen bewusst hier durch, weil es so schön ist. Dann halten wir noch ein Schwätzchen — das macht den Stadtteil aus.“
Ein getigerter Kater räkelt sich genüsslich in der Sonne. „Das ist Matz. Den kennt hier jeder. Er gehört eigentlich der Nachbarin, doch er geht ganz gerne von Tür zu Tür und lässt sich überall streicheln“, berichtet Christina Breidenbach, bevor sie mit kraftvollen Armbewegungen ihre Arbeit wieder aufnimmt.
„Välkommen hem“ steht auf einer kleinen Schiefertafel an der Tür eines alten Fachwerkhauses. In der Tat wirkt alles sehr einladend. Die historischen Fassaden sind liebevoll gepflegt — in den unzähligen Ecken und Winkeln setzen Blumen farbige Akzente. Die Altstadt erscheint wie ein kleines Dorf im Dorf.
Das Verkehrsrauschen schwillt zur Hauptstraße erneut an. Jenseits der rege befahrenen Lebensader, die das Zentrum durchschneidet, ducken sich kleine Geschäfte mit anziehender Auslage die Schorfer Straße entlang. Davor stehen drei Jungs, die Köpfe tief über ihre Handybildschirme gebeugt. „Wir jagen Pokémons. Das ist toll“, sagt der 14-jährige Robin, ohne den Blick von dem Spiel zu heben.
Hinter dem Café vom Cleff, das mit bunten Kissen auf den weißen Bänken und Kartoffel-Brokkoli-Auflauf oder Zucchini-Quiche auf der Karte einlädt, steigt eine Staubwolke auf. Bauarbeiter schlagen aus dem Haus Nummer sieben die Wände heraus. „Das wird auch Zeit, dass diese Ruine abgerissen wird. Da war schon lange keine Garantie mehr drauf“, murmelt eine Spaziergängerin mit Hund im Vorbeigehen.
Zurück auf der Hauptstraße brausen rechts die Autos vorbei, links kleben immer ´noch Plakate vor den Schaufenstern, hinter denen bald die neue Ticketzentrale des TiC einziehen soll. Die folgenden Ladenlokale sind alle gefüllt: Bücher, Grußkarten, Haushaltswaren warten auf Käufer. Bepackt mit Tüten und Taschen hasten einzelne Kunden vorbei.
Der Garten der Diakonie öffnet sich dazwischen ganz unerwartet wie eine kleine Oase. Umgeben von den orangefarbenen Blüten der Kapuzinerkresse gedeihen Tomaten und Thymian in den rechteckigen Kästen. Die Uhr am Kirchturm nebenan schlägt 14 Uhr.